Hier schreiben Hobbydichter für Lyrik-Freunde – meist Gereimtes und nur Druckreifes! Willkommen also, viel Vergnügen mit unseren Gedichten und deren Bebilderung!

Aufrufe unseres Blogs erfolgen automatisch mit Sicherheitsprotokoll "https". Am 18. Mai 2022 hatten wir unseren 600. Beitrag in den Blog gestellt!

Bereits seit Jahresbeginn bringen wir neue Folgen an Kalenderblättern und Monatsbildern. Darum herum dann das, was sich an Einfällen so ergibt – man wird sehen! Nun ja, was man auch sieht: wir "unterschlagen" seit einer ganzen Weile auch einen gewissen Anteil an sanfter Erotik nicht länger - die Zeiten sind eben so ...

Wir teilen den Lesern unseres Versbildners mit und bitten um Verständnis, dass wir auch weiterhin das monatliche Angebot auf 6 Beiträge beschränken - die Kontaktarmut dieser Zeit bringt leider auch eine gewisse Ideenarmut mit sich. Neueinstellungen erfolgen damit um die Kalendertage des 1., 6., 11., 16./17., 21./22., 25.-27. eines Monats.

Dienstag, 27. Februar 2018

Die Schlüsselbewahrerin (Doppelkanzone)

Keramik-Medaillon über der Eingangstür einer Villa im Tschechischen
©: Der Verfasser, aufgenommen am 26.06.2017
Das Foto gehört zu meiner Galerie bei der Fotocommunity

Die Schlüsselbewahrerin

Mein Platz, von dem ich mir die Welt betrachte,
ist auf der Vorderseite hier am Haus –
rein gar nichts bringt dabei mich aus der Ruhe.
Erwartet wird, dass jeden ich beachte
und niemals ließe irgendeinen aus,
erst recht, wenn er mir käme mit Getue.
Ihn ärgert's, wenn ich buhe,
dann gibt er Fersengeld, der Sausebraus!
Für solche bleibt mein linkes Auge offen:
die können lange auf den Schlüssel hoffen!

Ergibt sich's andrerseits, dass da ein Mädel
in Jahren wächst heran zu einer Frau,
dann spannt ihr unversehns der junge Busen.
Die dreisten Burschen in dem kleinen Städtel
gehn alle insgeheim auf Brautbeschau:
ein jeder möchte mit der Schönen schmusen.
Wen kann sie nicht verknusen?
Mit welchem wär die Welt so himmelblau?
Nur einer hat das große Los gezogen:
ich blinzle rechts – weil ich dem auch gewogen!

Wolfgang H. (elbwolf, 20.1.2017)
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Wie man sieht, haben die 
Bewohner dieses Hauses 
die Blaue Dame tatsächlich
als ihre  "Schlüsselbewahrerin"
an der Front des Hauses
angebracht, wo sie auf alle 
Kommenden und Gehenden 
ein Auge wachsam offenhält 
und eines wohlmeinend 
geschlossenes hat. 

Freitag, 23. Februar 2018

Ballade-2: Salto del Pastor (Hirtensprung)


Canarian shepherd jump / Der Kanarische Hirtensprung

("Supposed to be a competition sport despite top performances")

Photo: Federación Salto del Pastor Canaria


Salto del Pastor

Ich heiße Nauzet und war jung,
als Vater starb im Hirtensprung,
sein Stab zerbrach beim Höhenflug.
Die Mutter ihn zum Grabe trug
am Großen Berg, dem Heiligtum,
und edlem Ort für seinen Ruhm.
Sie nähte ihn ins Ziegenfell,
die Muttergöttin flammte hell.

Ich liebe Mutter, sie verbarg
die große Trauer - sie ist stark.
Ich mag die Insel, ihren Duft,
die Täler, Weiden, jede Kluft,
den Pinienwald und Vogelsang,
die Höhle dort am Bergeshang;
verehre Gott, das Meer, den Mond,
der nächtens gelb am Himmel thront.

Bin bald erwachsen, sitze hier
und warte auf den Freund Jaryr.
Wir hüten Ziegen, springen gern
wenns Zicklein meckert aus der Fern.
Die Ziegen sind ein Gottgeschenk,
genügsam, klug und sehr gelenk;
die Milch ist gut, der Käse auch,          
mit Gofio wärmt ihr Fleisch den Bauch.

Ich höre pfeifen vom Jaryr,
wahrscheinlich rettet er ein Tier …
Doch Nein! Es klingt mir ungenau!
Denn Nebel wabert blütenblau
von Meer herauf und nimmt die Sicht,
wie rasch verändert sich das Licht.
Ich wage einen Hirtensprung
und sause in die Dämmerung,
erreiche rasch den Fuß der Schlucht.
Die Brandung rauscht mit großer Wucht

zum Freund, der leblos, Gotterbarm!
Er hält ein Zicklein fest im Arm.


© Heliane Meyer (Januar 2018; Gastbeitrag bei Versbildner)

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Anmerkungen zur Ballade unserer Gastautorin:
Hirtensprung (spanisch: salto del pastor) ist ein auf den Kanarischen Inseln verbreiteter Volkssport, der seine Wurzeln im regionalen Brauchtum hat und mittlerweile eine touristische Attraktion darstellt. Er entstand der Überlieferung nach auf den gebirgigen westlichen Inseln und verbreitete sich allmählich über den gesamten Archipel. Aus heutiger Sicht geht er aber auf die Ureinwohner der Inseln, die Guanchen, zurück. Die Viehhirten benutzten einen mehrere Meter langen Holzstab, den „garrote“, um Bergterrassen meist bergabwärts zu überspringen.
Wie die Bildunterschrift angibt, sind die Akteure und Liebhaber dieses Brauchs in der  "Federación Salto del Pastor Canaria" vereinigt.

Montag, 19. Februar 2018

Februar – Ein Monatsbild

Brüder von Limburg: Monatsbild Februar (Miniatur, Tempera/Pergament, 1412-16),
aus dem "sehr reichen Stunden(Gebet)buch des Jean de Valois, Herzog von Berry";
heute im Musée Condé auf Schloss Chantilly; via wikimedia.commons; gemeinfrei.
./.
Darstellung der für den Monat typischen Tätigkeiten in winterlicher Landschaft
mit einer kleinen Siedlung in der Ferne – ausnahmsweise kein Schloss der Valois.

Februar – Ein Monatsbild

Bescheiden ducken sich im Schnee die Katen
des kleines Dorfes, weit entfernt vom Schloss.
S
o lebten sie, die Einfachen, das Volk;
der Zahl nach überwogen sie im Lande.
Die ganze Arbeit verrichtete der Bauer,
auf seiner Hofstatt war auch er nur Knecht,
war unfrei, mühte ab sich für die Herrschaft.

Im Winter war für Ofenholz zu sorgen;
ein Esel half zu tragen diese Last.
Das Feuer galt als Licht- und Wärmequelle,
um das sich Bauer und Gesinde scharten,
wenn wintertags die Luft vor Kälte klirrte,
dann hoben ungeniert sie ihre Röcke,
um ihre kalten Glieder zu erwärmen,
auch wenn die Dame, die dort eingekehrt,
sich abgewendet und die Nase rümpfte.

Recht armselig war das Innere der Häuser;
kein Teppich zierte deren kahle Wände;
dagegen hing dort Wäsche jeder Art,
weil auch der Platz für Schrank und Truhe fehlte.
Geschlafen wurde auf Stroh, in Feuers Nähe.
Ein Mangel herrschte ebenso an Hausrat;
gemeinsam aßen sie aus einem Topf.

Die Schafe stehen dichtgedrängt im Stall;
sie haben's warm in ihren dicken Pelzen.
Die Bienenstöcke sind geleert von Honig.
dem einzig Zuckersüßen jener Zeit.
Jetzt stehen sie gesäubert im kalten Hof
und werden erst im Frühling erneut gebraucht,
wenn neue Völker eingefangen werden.

Im hohen Taubenhaus gleich nebenan …
… noch gurren sie, die zarten Leckerbissen,
die sich die Bauernschaft zum Feste gönnt –
vielleicht auch sie der Herrschaft vorbehalten?
Von Wichtigkeit war selbst der Kot der Tauben,
weil sehr begehrt als guter Dung im Frühjahr,
wenn Bauern das Saatgut in die Erde bringen.
Gar vieles trennte Herr- und Dienerschaft;
gemeinsam war ihnen – sie mussten essen.

Das Volk lebte stets naturverbunden:
im Winter setzte ihm die Kälte zu,
im Sommer lastete die Hitze drückend.
Die Arbeit durfte darunter niemals leiden …

© Luzie R.. (02/2018)
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Anmerkungen:

Das Monatsbild Februar vom Vorjahr 2017 verwendete als Illustration ein Bild aus dem "Breviarium Grimani" (1490-1510); dieses Bild hier entstand fast ein Jahrhundert früher. Was diese Zeitspanne von 1412-16 bis etwa 1500 gebracht hat, zeigt ein Vergleich mit dem Februar-Bild aus dem Grimani-Brevier!

○ Link auf eine umfängliche Beschreibung des Februar im "Stundenbuch"
● in der deutschen Fassung der Wikipedia
● und in einer originalen französischen Kurzfassung.

○ Literatur: Heinrich Trost: Die Monatsbilder der Brüder von Limburg; Henschelverlag 1962 (Broschur); Reihe "Welt der Kunst"; antiquarisch/selten, Preis 5 - 20 €, aber dafür auch eingeklebte farbige Bildern und Beschreibungen aller Monate!

○ Die Verse sind fünfhebige ungereimte Akzentverse (s. Stummer, S. 45/46).

Freitag, 16. Februar 2018

Karneval – 2018/4(3+1): Carnevale dell‘arte (Heliane Meyer a. G.)


Maskenkostüme der Commedia dell’arte *)

1: Corallina, 2: Pantalone, 3: Isabella/l'innamorata (Verliebte),

4: Mezzettino, 5: Pulcinella, 6: Arlecchina, 7: Silvia,

 8: Florindo/Lelio/l'innamorato (Verliebter), 9: Dottor Balanzone, 10: Colombina,


Carnevale dell‘arte

Die Gondeln tragen heute keine Trauer.
Sie sind geschmückt mit bunten Bändern, Schleifen,
Gesang ertönt aus Gassen und Kanälen.

Der Scaramuc trägt goldne Pluderhosen,
und Corallina Blumenschmuck mit Streifen.
Die Gondeln tragen heute keine Trauer.

Die schöne Isabell zeigt Pretiosen,
Dottore will die Columbina kneifen,
Gesang ertönt aus Gassen und Kanälen.

Pierrot mag ungern mit dem Zanni kosen,
Spavento lässt den Seidenumhang schweifen.
Die Gondeln tragen heute keine Trauer.

Die Masken tanzen, zeigen wilde Posen
und zupfen Lauten, lassen Flöten pfeifen,
Gesang ertönt aus Gassen und Kanälen.

Die schweren Düfte parfümierter Rosen
um Maskenbälle und Palazzi streifen.
Die Gondeln tragen heute keine Trauer.

   Das große Feuerwerk beginnt zu tosen,
   zeigt farbenfrohe Sterne, Kugeln, Reifen,
   Gesang ertönt aus Gassen und Kanälen.
      
   Am nächsten Morgen welken rote Rosen,
   von nirgendwo erklingt ein frohes Pfeifen,
   kein Sang ertönt aus Gassen und Kanälen.
   Die Gondeln tragen heute wieder Trauer.

   © Heliane Meyer (07.01.2018) 
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*) Die Commedia dell’arte mit ihren Maskenkostümen ist häufig beschrieben, aber nirgends komplett und zweifelsfrei – man muss es sich zusammensuchen!
Die schwarze Maske der Vignette heißt Moretta muta (Schweigende Mohrin), weil sie von innen mit dem Mund festgehalten werden muss und die Trägerin darum nicht sprechen kann.

Erstmalig bringen wir ein Gedicht in Form einer Villanelle; diese besteht aus dreizeiligen Strophen mit 5-hebigen Jamben und ist in der Reimung variierbar:
• In der strengen französischen Form ist das Reimwortschema auf Anhieb nicht zu erkennen, obwohl nur zwei Reime (a, b) verwendet werden. Wiederkehrende Verse (A1 und A2) an vorgegebenen Positionen komplizieren die Struktur, so dass die strenge Villanelle als höchst anspruchsvolle Gedichtform gilt, die selten genutzt wird.
Eine 8-strophige strenge Villanelle hätte diese Reimwortstellung:
A1b1A2 | a3b2A1 | a4b3A2 | a5b4A1 | a6b5A2 |a7b6A1 | a8b7A2 | a9b8A1A2
• Die obige Villanelle ist abgewandelt und mit vier Reimen (a, b, c, d) geschrieben; sie hat diese Reimwortstellung (wobei die d-Reimwörter erst ab zweiter Strophe auftreten und nur die Schlussstrophe alle vier Reimwörter verwendet):
A1b1C1 | d1b2A1 | d2b3C1 | d3b4A1 | d4b5C1 |d5b6A1 | d6b7C1 | d7b8C1A1
Hinweis: Wir geben keinen Link an, da eine der Quellen als infiziert gemeldet wird!

○ Der diesjährige Karneval in Venedig war vom 27. Januar bis 13. Februar 2018, ist einer der bekanntesten und beliebtesten in der Welt, mit einer einzigartigen Atmosphäre, die jedes Jahr Hunderttausende von Touristen anzieht.
Da unsere Gastautorin ihr Gedicht als "Zugabe" eingebracht hat, bringen wir es als eine Art Rückschau zum Karneval – denn fühlbar tragen im erneut eingekehrten Alltag eben   "die Gondeln wieder Trauer"!

Unser Blog steuert gleichfalls etwas Außergewöhnliches bei: diese Aufnahme hier:


Peggy Guggenheims weltberühmte "Schwarze Gondel" (Detail des Hecks)

Standort: Marinemuseum Venedig; Foto+©: Wolfgang H., 17.4.2008

* im engen Ausstellungsraum war leider kein Foto in der Totalen möglich *

Montag, 12. Februar 2018

Karneval – 2018/3(3): Fünfte Jahreszeit (Ingeborg Schauer a. G.)

Narrensprung am Sonntag, 25. Januar 2015; Narrenfigur: Faselhannes
Narrenzunft Waldsee e. V., Bad Waldsee; Foto&©: Andreas Praefcke; CC-BY-SA 4.0

Fünfte Jahreszeit (Sonett)

Der Februar im bunten Jahresreigen
ist etwas abgemagert in der Zeit,
ihm fehlen Tage, doch voll Heiterkeit
kann er ein altes Brauchtum jährlich zeigen.

Die Wintergeister müssen endlich schweigen,
nur hin und wieder brausen sie, bereit,
die Hoffnung und der Narren Munterkeit
mit Wetterkapriolen zu vergeigen.

Narri, Narro, der Mummenschanz geht weiter,
und ausgelassen feiert Stadt und Land,
oft leicht beduselt, doch im Wesen heiter.


Am Aschermittwoch schmerzt dann der Verstand,
nur der Klamauk ist alte Tradition,

der kurze Februar, er lebt davon.

© Ingeborg Schauer

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Dieses Sonett …
… wurde bereits vor kurzem in der Abteilung "Eigene Gedichte" meiner
Community innerhalb einer geplanten Reihe von Monatsbildern unter
dem Titel "Februar II" veröffentlicht und ist von hier aus direkt anklickbar.

Eine persönliche Anmerkung:
Das Bild zeigt Masken der schwäbisch-alemannischen Fasnet in
meiner Heimatstadt Bad Waldsee. Wir haben keine Büttenreden, hier
werden traditionelle Umzüge durch die mittelalterliche Stadt veranstaltet.
Ich bin in Bad Waldsee geboren, bin mit dieser Tradition aufgewachsen,
aber ich wohne schon Jahrzehnte nicht mehr dort. Doch fast jedes Jahr
kann ich im Fernsehen den Umzug genießen. Auf diese Weise versetze
ich mich immer wieder in mein zwiebeltürmiges, heiteres Oberland.

Donnerstag, 8. Februar 2018

Karneval – 2018/2(3): Karneval im Himmel

Deckelbild auf der Plattenspieldose der Firma Polyphon-Musikwerke-AG, Leipzig; ~1900
Urheber der Aufnahme: Harke (2015); via wikimedia.commons; Liz.: CC BY-SA 3.0

Karneval im Himmel

Im Himmel wird Rabatz gemacht
es geht schon mächtig rund;
der Petrus mit den Engeln lacht,
es ist ihm nichts zu bunt.

Denn Fastnacht ist dort oben heut,
wer will denn abseits stehn?
Man sieht, wie Englein sich erfreut
rundum im Kreise drehn.

Der olle Petrus schlägt den Takt
auf seiner dicken Drum,
die Arme wedeln, das ist Fakt -
man hört nun ihr damdam.

Ein dicker Engel geht voran -
er bläst voll Kraft ins Horn;
ein lauter Ton erschallt sodann,
das gibt dem Zug den Sporn.
| Die Engelein marschiern zu zwein
| ganz artig hinterher.
| Viel lieber würde ihr Verein
| flott tanzen kreuz und quer.
|
| Der Herrgott schaut dem Treiben zu,
| zieht seine Stirne kraus.
| er hätt am liebsten seine Ruh
| in seinem Himmelshaus.
|
| Alsbald er mit dem Schlüssel winkt:
| "Ach Petrus schließ die Tür."
| Und seitdem es durchs Weltall klingt,
| auf ewig für und für ...
|
| Das: "Petrus, schließ den Himmel zu"
| samt: "alle Englein gehn zur Ruh."
|
|                                   © Luzie R. (lillii)

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Für Lyrikfreunde, die sich besser in die Betrachtung "mehr erwachsener Engel"
vertiefen können, sei noch diese Illustration beigefügt: 
Raimund Ritter von Wichera (1862–1925): Johann Strauß im Elysium
Gemälde,
65 x 218 cm, vor 1925; Standort unbekannt; gemeinfrei.
./.
 In der verherrlichenden Entrückung des Komponisten auf die „Insel der Seligen“ ist die Nähe zum Strauss-Denkmal von 1921 im Stadtpark von Wien zu fühlen. So denkt sich alle Welt den Komponisten als den vor seinem Orchester stehenden, geigenden Walzerkönig. Er ist umgeben von märchenhaften Musen und den sich im Walzertakt drehenden Tänzern – nicht zu übersehen sind die schwebenden Engel!
(zum Vergrößern bitte in das Bild klicken!)
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Hinweis:
Den Leser erwartet noch der Abschluss unserer dreiteiligen Karnevals-Serie-2018:
ab 12.02. zum Rosenmontag:     Fünfte Jahreszeit (von Ingeborg Schauer als Gast)

Dienstag, 6. Februar 2018

Karneval – 2018/1(3): Bütten-Ballade auf die Kölner und Düsseldorfer

W. Goebbels (1804-1824) und H. Goffart: Hofnarr des Königs Karneval (1823)
Kölner Stadtmuseums, Graphische Sammlung; via wikimedia.commons; gemeinfrei

Bütten-Ballade auf die Kölner und Düsseldorfer

Es lägen Düsseldorf und Köln am Rhein –
Köln ja bestimmt, ob Düsseldorf … kann sein.
Bei diesem wie bei jenem, ach wie dumm,
blieb es in einer Sache lange stumm,
bis nah'zu jeder fragte sich im Land:
wo sind die Schlauen in der Überhand?

Da gibt ein Düssler seinen Löffel ab
und lehnt ans Himmelstor den Pilgerstab,
dann klingelt er den Petrus forsch heraus.
Der zieht beim Neuen gleich die Stirne kraus:
"Wir haben übermäßig viel zu tun –
du musst erst im Salon ein bisschen ruhn."

Der Düssler, gut platziert, schaut dort sich um:
an allen Wänden Uhren mit Gesumm,
von denen, wie es scheint, die einen gehn,
die anderen wie angewurzelt stehn.
Bei jeder liest man auch, aus welchem Ort;
nur ticken sie recht komisch – Ehrenwort!

Als Petrus kurz beim Düssler schaut herein,
meint dieser, ganz erstaunt: "Das kann nicht sein,
die Kölsche Uhr geht ja weit hinterher!"
"Mein Sohn, die misst ja auch die Zeit nicht mehr!
Kommt mal am Ort ein Dummer auf die Welt,
zählt ihn die Uhr – gibt Auskunft unverstellt!"

Der Düssler hört die Kuriosität,
bloß dämmern tut es ihm erst reichlich spät.
Er hält ganz unerwartet in der Hand
die Lösung jener Frage – altbekannt!
Die Uhr aus Düsseldorf muss her, verflucht,
er macht sich schnurstracks auf den Weg und sucht.

Doch nirgends sieht der Dussel "seine" Uhr,
erst Petrus weist ihm endlich eine Spur:
"Die hängt im Himmel überm Küchentisch,
und jeder hält das für erfinderisch,
weil sie dort – unverrückbar installiert –
als Ventilator Frischluft reguliert."

© Wolfgang H. (elbwolf, 01.02.2018)
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Anmerkung:
Diese Ballade basiert auf dem Vortrag einer Kölner Büttenrede, die ich "eigenohrig" im ZDF gehört habe. Sie ist im Beitrag "November-Kalenderblatt von 2014" des alten Seniorentreff als nacherzählter kurzer Text noch eingestellt und anklickbar. W.H.
Hinweis:
Den Leser erwarten auch die beiden anderen Teile unserer Karnevals-Serie-2018:
ab 08.02. zu Weiberfastnacht: Karneval im Himmel (von Luzie R.)
ab 12.02. zum Rosenmontag: Fünfte Jahreszeit (von Ingeborg Schauer als Gast)

Samstag, 3. Februar 2018

Vorbei der Januar (Pantun)

Das überaus seltene Naturereignis "Blauer Mond" am 31. Januar 2018
Foto + ©: Shagil Kannur, via wikimedia.commons; Liz.: CC BY-SA 3.0
(Foto mobil hochgeladen vom Urheber via 2.6.6 Android)

 Vorbei der Januar (Pantun)

Das neue Jahr, mir ist's, als war es gestern,
als es um Mitternacht ins Leben trat.
Vergänglich zwar, doch werde ich nicht lästern.
Es war noch jung, jedoch kam schnell in Fahrt.

Als es um Mitternacht ins Leben trat,
am allerersten Tag des neuen Jahres,
es war noch jung, jedoch kam schnell in Fahrt,
nicht aufzuhalten geht das, nicht für Bares.

Am allerersten Tag des neuen Jahres
setzt mancher seine Hoffnung in die Zeit.
Nicht aufzuhalten geht das, nicht für Bares –
was immer hält sie auch für uns bereit.

Setzt mancher seine Hoffnung in die Zeit,
Die Zeit ist träge, manchmal viel zu schnell.
Was immer hält sie auch für uns bereit –
sie mahnt uns, ruft uns ständig zum Appell.

Die Zeit ist träge, manchmal viel zu schnell.
Vergänglich zwar, doch werde ich nicht lästern,
sie mahnt uns, ruft uns ständig zum Appell.
Das neue Jahr, mir ist's, als war es gestern.

© Luzie R. (lillii; 31.01.2018)
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• In der Wikipedia ist die Reimstruktur des Pantun angegeben.
Für dieses hier mit 5 Strophen gilt:
a1b1a2b2 | b1c1b2c2 | c1d1c2d2 | d1e1d2e2 | e1a2e2a1

• In unserem Archiv finden sich bereits 3 Pantune:
-        Bedenke Mensch
-        Die Kunst zu leben
-        Gesumm oder Gebrummel …

Donnerstag, 1. Februar 2018

Kalenderblatt 02/2018 (Renate Totzke–Israel a. G.)



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©  Renate Totzke-Israel
(Illustration zu Branstners
Die Ochsenwette, 1982³)
 ©  Wolfgang H. (Verse)

Ein Gelehrter will einen Esel kaufen /chinesische Anekdote/
Selbst dem Gelehrten wird es eng
in seiner Stube – ab und an,
da rüstet er zu einer Reise.
Wagt vorher sich ins Marktgedräng,
denn weil er nicht gut laufen kann,
ist Reiten angemessne Weise.

Er sucht ein vierbeinig 'Gefährt'
und findet einen Esel hier.
Damit ihn später keiner schelte,
brauchts Schriftliches, das nicht verjährt;
Vertragswerk bringt er zu Papier,
das bis in Ewigkeiten gelte.
Doch dem Verkäufer fehlt Geduld,
weil eine Quittung ihm genügt:
der Käufer nähm das Tier und zahlte!
Der weise Mann fühlt keine Schuld:
als endlich er den Text gefügt,
geht auf der Mond, der hell erstrahlte.

Den Esel hatte längst gekauft
ein justament Entschlossener
vom Mann, der früher ihn gehalten.
Der Weise sich das Haar nun rauft –
steht da als arg Verdrossener:
'gelehrt sein' heißt nicht 'klug gestalten'!