Notabene: Jeder
kennt den volksliedhaften Vers "Der Mai ist gekommen, die Bäume schlagen
aus" – und wie machen es die Nadelbäume? Und dann noch aus jenem Musical
"Es grünt so grün, wenn Spaniens Blüten blühn" – als ob sie dort die
"Grünblüher" hätten! Aus beiden Liederzeilen haben wir ein eigenes
Motto gemacht, das logischer erscheint. In einer Endlosfolge lassen wir hier
Bäume jeglicher Art durch den Mund unserer Gedichteschreiber sprechen – auf
denn!
(3) – Wenn Bäume alt
werden
. / .
Der alte Kirschbaum (Ballade)
Ich gehe
durch verlass'nes Land,
verschlungen stehen Kraut und Blumen,
zerborsten
ist schon lang die Wand
des
Hauses, und die dunklen Krumen
der Erde
liegen hart und schwer,
doch sehe
ich im Nähergehen,
mit
Zweigen, völlig blätterleer,
den
dürren Kirschenbaum dort stehen.
Die
Stimme seufzt im leichten Wind:
"Oh
bitte, hör und lass mich fragen,
wo meine
ganzen Kräfte sind?
Ich
möchte wieder Blüten tragen!
Ich möcht
der Kinder Jubel sehn,
ihr
Klettern fühlen in den Zweigen,
wenn
blutrot dann die Kirschen stehn,
will ich
für sie die Äste neigen."
|
Ganz zart
berühr ich Ast um Ast,
umarme
ihn dann voll Erbarmen,
fühl rau
und rissig, schmerzend fast,
die harte
Rinde an den Armen.
"Sei ruhig, bleib ruhig, nimm Kraft von mir,
davon
kann ich so viel verschenken,
vielleicht
kann meine Liebe dir
die
Lebenssäfte zweigwärts lenken.“
Nach
Tagen geh ich durch die Au,
erlebe
tief das Frühlingsgrüßen.
Als ich
zum alten Kirschbaum schau
seh glücklich ich die Knospen sprießen.
Dann
neulich rief er mir laut zu:
"Schau
her, ich habe mich bemüht,
den
Lebensspender riefest du."
Ganz
herrlich war ein Zweig erblüht!
|
Und nun
steckt er geballte Kraft
in
einen Ast, der Kirschen zeigt.
Beweis,
dass man noch vieles schafft,
sogar,
wenn sich das Leben neigt.
|
© Flora von Bistram; veröffentlicht u.
a. in:
Licht und Schatten II, ISBN: 373474184X;
BoD
. / .
Die alte Eiche und der Frühling
Die alte Eiche lässt sich Zeit,
sie schaut dem munt'ren Treiben
zu
und wartet ab, in aller Ruh -
noch ohne neues Blätterkleid.
Auch wenn um sie schon alles
blüht,
sie kannte niemals Hast.
Zwar steht voll Knospen jeder
Ast,
doch ist sie nicht bemüht,
schon jetzt die Blätter zu
entfalten.
Im Herbst wird sie sie lang
behalten.
© Flora von Bistram; veröffentlicht u.
a. im
Blog "Gedichte Lyrik Poesie"
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Unsere heutige Gastautorin, Flora von Bistram,
beschreibt in ihrem Profil auf community.seniorentreff,
was sie schätzt und mag: Erzählende
Stille; staunendes Schweigen; seelenfüllende Worte; Menschen, die menschlich
sind. Alles weitere über sie müsse man sich schon die Mühe machen
herauszufinden. Die anderen aber
kennt sie genau und meint: Zuerst ignorieren sie dich, dann lachen sie über
dich, dann bekämpfen sie dich und zum Schluss gewinnst Du …
Flora hat eine große
Homepage floras nachtfluege, die wir
auch im Blogroll von Versbildner listen (s. rechts) und die u. a. eine große
Auswahl ihrer Gedichte enthält. Dort lässt sie auf der Seite "ich bin
ich" den interessierten (oder bloß neugierigen) Leser auch Details über
sich und ihre Familiengeschichte und über ihre veröffentlichten Bücher erfahren.
Übrigens hat sie beide hier wiedergegebenen Fotos selbst aufgenommen (Rechte
von ihr vorbehalten).
Wir sind Flora für ihren Gastbeitrag
auf Versbildner sehr verbunden und dankbar!
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