Windmühlenflügel
Auch eine Art Moritat
Sie ritten durch die Kargheit von
La Mancha,
Der Hagre in der Rüstung und mit
Spieß;
Ein Grautier trug den Burschen
Sancho Pancha –
Was der jetzt sah, nichts Gutes mehr
verhieß:
Dort drehten sich, wie's schien,
gewalt'ge Flügel
Am sonndurchglühten fahlen
Horizont.
Der Don, Quix'ote namens, zog am
Zügel
Und brachte seine Haltung voll in
Front;
Er schien sich selbst beständig ein
Verwegner –
Und stand nun vor dem langersehnten
Gegner!
Im Dorf Toboso wuchs in jenen
Jahren
'Ne Bauernmagd zu einer reifen
Frau,
Mit Rundungen, die wirklich üppig
waren,
Die sie voll Stolz im Brustlatz trug
zur Schau.
Sie herrschte über unsres Dons
Gedanken,
Obwohl der Umstand ihr ganz
unbewusst …
Allein – den Don machte die Liebe
wanken:
Er schmolz dahin in vorgestellter
Lust.
Wer andrer Meinung war, galt
schlechtberaten:
Sie ward zur Dulcinea seiner
Taten!
Der Don und Sancho fingen an zu
traben
Und wechselten allmählich in
Galopp,
Sie hörten auf dem Kampfplatz
schon die Raben –
Doch war es längst zu spät für
jeden Stop!
Der Knappe ging zuletzt doch auf
die Bremse,
Der Don indes – die Lanze
eingelegt –
Sprang auf den Mühlenflügel
gleich der Gemse;
Der dreht ihn um und um – und unentwegt.
Der Bursch' tat später ihm ins
Öhrchen flüstern:
"Zieh Dulcineen vor, wirst,
Herr, du lüstern!"
© elbwolf, 08.04.2019
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Die Metrik
ist wie in den Musen-Beschreibungen in Schillers
lyrischem Spiel "Huldigung der Künste" und erinnert an den Anfang von
Hildebrandstrophen (s. Stummer, S. 83; aber mit 5-füßigen Jamben, denen ein
weiterer Paarreimer folgt).
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