Sonntag, 17. Mai 2020

Stadtlyrik/9 – (W)EILE (Perdita Klimeck als Gast)

Von Wolken verdeckter Mond über San Diego, Kalifornien.
Foto: Rufustelestrat (2005); via Wikimedia Commons; Liz.: CC BY-SA 3.0
("Exzellenz-Datei" – am 25. Januar 2007 das "Bild des Tages")

(W)EILE

Am Tag tanzt Eile wahllos durch die Gassen,
dreht hundert Pirouetten stets mit Rückenwind.
Die Vielfalt in den Fenstern macht sie farbenblind,
die Muße hat sie hinter sich gelassen.

Nachts sieht man sie an grauen Mauern stehen,
ermüdet sucht sie nun das Bunte in der Stadt.
Doch was vorhin im Laufschritt glänzte, ist nun matt,
nur Kälte ist im Neonlicht zu sehen.

Und nur der Mond weiß um die Seelenqualen.
Sein warmer Schein, mit Gold nicht zu bezahlen,
sorgt nun dafür, dass alles Dunkle weggefegt.

Im Silberlicht mit Weile unter Bäumen,
erliegt sie farbenfrohen Wunderträumen.
Die Eile hat ihr enges Mieder abgelegt.

© Perdita Klimeck (2013)
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Quelle:
wortgefecht
Lyrik aus dem Sperling-Verlag, Nürnberg, 2013
S.57 – Abdruck mit Einverständnis der Autorin

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