Donnerstag, 13. Juni 2019

Ballade-7: Ex Oriente Lux (Heliane Meyer a. G.)

Denkmal der römisch-deutschen Kaiserin Theophanu – Eschwege, Marktkirche
Foto+©: Gunther Falchner, 21.06.2014; via wikimedia; Liz.: CC BY.SA 3.0

EX ORIENTE LUX
Ballade

Der Segler trug westwärts gar kostbare Lasten:
Die Nichte des Kaisers; in Kisten und Kasten
mit Sorgfalt verpackt, ruhten Öle, Essenzen,
Geschmeide, Damaste mit herrlichem Glänzen.

Der Onkel versprach sie dem Kaiser im Westen.
Die Schöne, Gebildete, ohne Gebresten,
erreichte mit Folgschaft das Land der Ottonen,
um neben dem Kaiser im Großreich zu thronen.

Die Ehe war glücklich, es gab wieder Frieden,
erfüllt wurden Wünsche im Reiche hienieden,
und als der Geliebte kam jung schon zum Sterben,
da musste die Frau seinen Kaiserthron erben.

Sie herrschte mit Weitsicht und mildem Verstehen,
war über die Grenzen sehr gerne gesehen,
vergab voller Liebe die kleineren Sünden
und sorgte sich stets um des Volkes Befinden.

Ihr Vorbild erhellte die düsteren Zeiten,
mocht Künsten und Wissenschaft Wege bereiten.
Wir können noch heute die Spuren betrachten,
die Schönheit ins glanzlose Abendland brachten.


© Heliane Meyer
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Zur geschichtlichen Einordnung:
Otto I. der Große (936–973, davon ab 962 als Kaiser) verheiratete 972 seinen Sohn und Thronfolger Otto II. (Mitkönig 963, Mitkaiser 967, Alleinherrscher 973–983) mit Theophanu, einer byzantinischen Prinzessin (Nichte des oströmischen Kaisers Johannes I.) Theophanu übernahm von 983 bis 991 die Regentschaft für ihren Sohn Otto III., der 996 Kaiser wurde. In der Herrscherfolge des Kaiserreichs zwischen Otto II. und Otto III. war sie eine der einflussreichsten Herrscherinnen des Mittelalters.

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