Dienstag, 15. Oktober 2019

Oktober – ein Monatsbild

Hans Thoma (1839-1924): Oktober (Monatsbild aus dem Festkalender)
Mappenwerk, Seemann Verlag Leipzig; via wikimedia.commons; gemeinfrei.

Der fröhliche Bacchus beherrscht den Oktober, er sitzt
in weinrotem Gewand auf nebeligen Wolken; ein Faun
ist sein Genosse, der ihm etwas vorpfeift." [Hans Thoma]

Oktober

Auf nebligen Wolken sitzt Bacchus im roten Gewande;
der Faun, sein Geselle, erfreut ihn mit fröhlichem Spiel.
Die Gottheit des Weines, des Rausches, knüpft vielerlei Bande –
denn Rebensafts Wirkung war etwas, das jedem gefiel.
Von Nymphen erzogen, zieht heute er noch durch die Lande,
den Anbau von Weinen empfehlend als löbliches Ziel.
"Im Wein liegt die Wahrheit" – so lautet geflügeltes Wort –
die Folgen des Rausches erkennt man nur niemals sofort.

Ein fröhlicher Sinn uns beim Schaffen und Werken begleite!
Die Reben sind prall und an Fülle so überaus reich;
Die Zeit ist gekommen, dass Bacchus den Wein uns bereite,
der Monat mit Nebeln macht nun auch die Trauben noch weich.
Wir selbst müssen ernten und keltern, den Gott an der Seite,
das sind unsre freudigen Pflichten – was käme dem gleich?
Erhebt in der Runde die Gläser zum lebhaften Trank –
genießt Bacchus' Gaben und sagt ihm dafür euren Dank.

© lillii (Luzie-R)
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Anmerkungen:
● Die Verse sind fünffüßige Amphibrachen (teils unvollständige), die zwar von den Lyrikern oft ignoriert werden, die aber (nach den Jamben) den zweithäufigsten Sprechrhythmus beschreiben. Das Reimschema der Strophen ist "abababcc" und gleicht darin den jambisch gebauten Stanzen; die Verszeilen sind jedoch fühlbar länger.
● Der Maler gab jedem Monatsbild eigenhändig einen erklärenden Schriftzug bei, der von den Erklärungen im Textteil des Mappenwerks abweicht. Wer die Handschrift Hans Thoma's zum Oktober entziffern möchte – bitte:

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