Hier schreiben Hobbydichter für Lyrik-Freunde – meist Gereimtes und nur Druckreifes! Willkommen also, viel Vergnügen mit unseren Gedichten und deren Bebilderung!

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Bereits seit Jahresbeginn bringen wir neue Folgen an Kalenderblättern und Monatsbildern. Darum herum dann das, was sich an Einfällen so ergibt – man wird sehen! Nun ja, was man auch sieht: wir "unterschlagen" seit einer ganzen Weile auch einen gewissen Anteil an sanfter Erotik nicht länger - die Zeiten sind eben so ...

Wir teilen den Lesern unseres Versbildners mit und bitten um Verständnis, dass wir auch weiterhin das monatliche Angebot auf 6 Beiträge beschränken - die Kontaktarmut dieser Zeit bringt leider auch eine gewisse Ideenarmut mit sich. Neueinstellungen erfolgen damit um die Kalendertage des 1., 6., 11., 16./17., 21./22., 25.-27. eines Monats.

Samstag, 9. November 2024

Leben

Edvard Munch (1863-1944, Norwegen): Tanz des Lebens; 1899/1900
Standort: Nationalmuseum für Kunst, Architektur und Design, Oslo;
via Wikimedia commons; Liz.: gemeinfrei

Leben

Das Dasein ist kein Zuckerschlecken;
das Leben beutelt uns zu oft
und außerdem meist unverhofft,
grad so, als wolle es uns necken.

Wer Unheil sieht an allen Ecken,
verdrießlich andre konsterniert –
wer jeden Schwung erneut verliert –
was kann der an Erwartung wecken?

Ein Mensch, der ständig nur bestreitet
der stellt sich doch nur selbst ein Bein,
schnell ist sein Unmut rings verbreitet.

So höre auf, spiel nicht klein-klein!
Nütz deinen Platz in dieser Welt –
dann wird sie besser und gefällt!

© Luzie Rudde

Freitag, 1. November 2024

Kalenderblatt 11v2024: „Die Bücherkiste“

Adolf Münzer (1870, Oberschlesien – 1953, Landsberg/Lech).
Maler und Grafiker; arbeitete ab 1898 auch für ″Jugend″ und ″Simplicissimus″;
bedauerlicherweise 1938 – 1945 engagiert im Kunstleben des III. Reiches.
Abb. aus № 11 der ″Jugend″ von 1898, S. 177.
(Exemplar der Zeitschrift befindet sich im Besitz des Verfassers)

              Die Bücherkiste


Was hält sie denn bereit, die Bücherkiste –
Sie stand das ganze Jahr doch nur herum,
Als ob tatsächlich niemand sie vermisste:
Woher also auf einmal das Gesumm?
Sie hatte sich das Jahr über versteckt;
Grad aber wurde sie erneut entdeckt.

Kaum war der Deckel auf- und hochgeschlagen,
Als jeder griff mit ungeduld′ger Hand
Und zog mit deutlich sichtbarem Behagen
Der Bücher erstes bestes gleich an Land. –
Das hatte man schon früher mal gelesen,
Weil damals auch nichts andres dagewesen.

Drum wiederhole ich euch jetzt die Regel:
Ein gutes Buch, das stellt man ins Regal,
Dort wirkt‘s von weitem so, als blinkt ein Segel,
Aus Geistes Sicht ist es dein Kapital.
Die andern alle dienen nur zum Plausch,
Zu öffentlich vollzog’nem Büchertausch.

″Die Bücherkiste soll dann wohl verrotten?″
″O nein, die dient in Zukunft für Klamotten!″

© elbwolf




 
Kalenderblatt 11/2024 

Montag, 14. Oktober 2024

Der Herbst

Gustave Courbet (1819-1877): ″Wald im Herbst″ (1841)
(Via wikimedia commons; Liz.: gemeinfrei
)

Der Herbst

Es kommt der Herbst mit buntem Farbenspiel,
Hüllt Sommerlust in weiche Seidentücher;
Greift zur Palette, nimmt die Skizzenbücher
Und bannt auf Leinwand, was der Zeit verfiel.

Ein welkes Blatt fliegt wie ein Kinderdrachen
Im Spiel der Lüfte taumelnd durch den Raum,
Verliert die Schwere, leicht wie Federflaum,
Und lässt vom Wind das Spiel erneut entfachen.

Er legt noch letzte Wärme auf die Steine,
Es reift das Obst und auch der Wein wird alt.
Der Rauch steigt auf, die Nächte werden kalt.
Mit meiner Trauer steh ich nun alleine.

Doch jedem Herbst folgt auch ein Neubeginn.
Es endet nichts. Das ist der Schöpfung Sinn.

© A. Weinhart

Dienstag, 1. Oktober 2024

Kalenderblatt 10v2024: ″Spürst Du den Winter nahen?″

Reinhold Max Eichler (1872, Sachsen – 1947, München)
″Oh! Halt sie fest die letzte bunte Welt, –
Denn lautlos früh im Nebel sah ich schon den Winter stehn.″
Eichler war Maler, Zeichner und Illustrator; arbeitete ab 1903 nur für die ″Jugend″.
Abb. aus № 42 der ″Jugend″ von 1905, S. 808/9.
(Exemplar der Zeitschrift befindet sich im Besitz des Verfassers)

Spürst du den Winter nahen?
/ungereimte Akzentverse/

Du fühlst ihn nicht im Land sich nahen?
Du wirst ihn sehr bald spüren, den Winter.
Doch sieht der Frühling nicht ebenso aus?
Unrecht hast du: man muss dich belehren:

Es ist bei der ″Jugend″ im Jahrgang bereits
Von den Nummern die zweiundvierzigste schon.
Und wie viel Wochen hat so ein Jahrgang?
Richtig: zwei- oder dreiundfünfzig im Wechsel.
Regiment hat also der Herbst übernommen,
Und nach dem ist der Winter dran – wie immer!

© elbwolf


Die zwei Verszeilen unter der Abbildung stammen vom Künstler selbst.
Kalenderblatt 10/2024 – © elbwolf
.

Sonntag, 15. September 2024

Des Pudels Kern

Margret Hofheinz-Döring (1910-1994): Des Pudels Kern (Aquarell, 1960).
Zu Faust I von Goethe; Foto: Peter Mauch; Rechte bei Galerie Brigitte Mauch Göppingen.
(via Wikimedia Commons; Liz.: CC BY-SA 3.0)

 

Des Pudels Kern

″Das also war des Pudels Kern″,
ließ Goethe seinen Faust einst sagen,
als der nach vielen, vielen Fragen
der Wahrheit schaute ins Gesicht –
und einer Wahrheit mit Gewicht!

Oft ist es spät, dass man erkennt:
die Wahrheit liegt ja richtig offen,
doch macht das viele nicht betroffen,
denn Unterhaltung ist oft Trug
und zeigt den Menschen gar nicht klug.

Was nennt man weise, was heißt schlau?
Trennt man das eine von dem andern,
dann sieht man Wahrheit häufig wandern:
urplötzlich hat sie ihr Gewicht
und festen Stand auch vor Gericht.

So wandeln ″dies″ und ″jen‘s″ sich schnell.
Wie leicht ist etwas zu versäumen –
passt jemand auf, wenn wir so träumen?
Und ist sich wer gar selbst genug?
Was ist nun wahr – und nicht Betrug?

© Luzie Rudde 

Sonntag, 1. September 2024

Kalenderblatt 09v2024: Der Monat meiner Wahl

 

Angelo Jank (1868 – 1940, München): ″Ablösung″;
Jank war Tiermaler, Grafiker; Mitglied der Münchner Secession;
Abb. aus № 15 der ″Jugend″ von 1898, S. 253.
(Exemplar der Zeitschrift befindet sich im Besitz des Verfassers)

 

Der Monat meiner Wahl

Es ist der Monat meiner Wahl,
und ich mach diese beiden Kreuze,
zu enden eine lange Qual.
Ich blinzle nicht wie sonst nur Käuze,
und mir ist auch kein bisschen schal.

Im Gegenteil: ich fasse Mut,
und lasse mich nicht länger treiben;
sich zu entschließen, das tut gut.
Für neue Fragen offenbleiben –
das sei forthin mein Attribut!

Die Stimmung trübt auch etwas Pech:
das ″Softwareauszählungsverfahren″
– noch schartig wie verbognes Blech –
konnt′ das Ergebnis nicht verklaren
und eiert dafür ganz schön frech.

Was soll′s! Ein neuer Wählerbund
wird wohl gebraucht beim Koalieren,
und zwar aus diesem guten Grund,
dass die politischen Manieren
entsprächen der sehr ernsten Stund!

© elbwolf


Kalenderblatt 09/2024 – © elbwolf

Freitag, 9. August 2024

Kleine Eselei

Esel im Wildpark Rheingönheim/Rheinland-Pfalz; Liz. CC BY-SA 3.0.
Fotograf: ″4028mdk09″; Foto vom 23.05.2011, via Wikimedia Commons.

 

Kleine Eselei

Als ″Langohr″ einmal dazustehn
nun dávon geht die Welt nicht unter:
denn Menschensicht ist meistens bunter,
was Esel sonst viel ″grauer″ sehn.

Es kann natürlich dies geschehn,
dass einem Mitmenschen mitunter
die Welt erscheint, sie stünd‘ kopfunter,
und ihm blieb‘ nur, sie umzudrehn.

Was wäre denn so Schlimmes dran,
wenn Esel uns zu bieder nennen –
denn schlau sein kann nicht jedermann.

Du brauchst nur nicht gleich wegzurennen …
Denn was im Leben wirklich wichtig,
das unterscheidest du schon richtig!

© Luzie Rudde

Donnerstag, 1. August 2024

Kalenderblatt 08v2024: Entscheidung zwischen zwei Heuhaufen.

 

Paul Rieth (1871, Pößneck/Thüringen – 1925, München);
Kunstmaler und Zeichner, einer der Hauptmitarbeiter an der ″Jugend″;
Abb. aus Neue Gedichte ″Volante und Marie″ in № 50 der Jugend von 1899, S. 819.
(Exemplar der Zeitschrift befindet sich im Besitz des Verfassers)

  

Ein Esel vor zwei gleich-guten Heuhaufen

Du siehst sie nicht, die Haufen voller Heu?
Doch die zwei Mädchen siehst du tollen –
Gib zu, du bist erfüllt noch voller Scheu
Und fast am Punkt, auch noch zu schmollen ...
Jedoch der Esel, den man Grautier nennt,
Der ist doch wenigstens, wie man ihn kennt?

Der Esel wirft jeweils ein einz’ges Aug′
Nach seitlich rechts und links gesondert
Und denkt, nun spare er sich den Klamauk –
Dass man am Ende sich noch ″wondert″!
Jetzt freut er sich an diesem Riesenspaß
Zu beißen in das Heu, will sagen: Gras!

Hier schließt sich unschwer an auch die Moral:
Triffst du – nicht oft! – auf gleich zwei Gutes,
Erspare doch den Heuhaufen die Qual:
Vernasche sie erhobnen Mutes.
Wenn dir das Schicksal einen erst verheißt,
Zeig auch beim and′ren Unternehmungsgeist!


 


Kalenderblatt 08/2024 – © elbwolf.

Montag, 8. Juli 2024

Das Sein

Holzschnitt des sog. Petrarca-Meisters; Aus Francesco Petrarca:
 „
Von der Artzney bayder Glück / des guoten vnd widerwertigen.
Vnnd weß sich ain yeder inn Gelück vnnd vnglück halten sol. 
Auß dem Lateinischen in das Teütsch gezogen. Mit künstlichen fyguren durchauß / gantz lustig
vnd schön gezyeret.“ Augsburg: Heynrich Steyner 1532

 

Das Sein

Das Sein bedeutet, dass ich bin,
und im Reellen mittendrin;
dass Denken, Fühlen und Erleben
mir von den Eltern mitgegeben
dass sie empfingen es vorzeiten
und ließen sich von Ahnen leiten ...
Doch wisst ihr, was mir manchmal scheint –
ob sie bewusstes Sein gemeint?

Wenn Menschen heute was erleben,
erleben sie es – denn sie leben
ganz einfach in den Tag hinein
und denken nicht ans Ende ... Nein !
An das, was mit uns wohl geschieht
wenn unser Leib die Erde flieht.
Gibt‘s nach gelebter Zeit ein Leben –
wer könnte darauf Antwort geben?

© Luzie Rudde