Hier schreiben Hobbydichter für Lyrik-Freunde – meist Gereimtes und nur Druckreifes! Willkommen also, viel Vergnügen mit unseren Gedichten und deren Bebilderung!

Aufrufe unseres Blogs erfolgen automatisch mit Sicherheitsprotokoll "https". Am 18. Mai 2022 hatten wir unseren 600. Beitrag in den Blog gestellt!

Bereits seit Jahresbeginn bringen wir neue Folgen an Kalenderblättern und Monatsbildern. Darum herum dann das, was sich an Einfällen so ergibt – man wird sehen! Nun ja, was man auch sieht: wir "unterschlagen" seit einer ganzen Weile auch einen gewissen Anteil an sanfter Erotik nicht länger - die Zeiten sind eben so ...

Wir teilen den Lesern unseres Versbildners mit und bitten um Verständnis, dass wir auch weiterhin das monatliche Angebot auf 6 Beiträge beschränken - die Kontaktarmut dieser Zeit bringt leider auch eine gewisse Ideenarmut mit sich. Neueinstellungen erfolgen damit um die Kalendertage des 1., 6., 11., 16./17., 21./22., 25.-27. eines Monats.

Sonntag, 28. März 2021

Hanebüchene Physik-3: Der Flaschenzug (mit Manfred Albert a. G.)

 

  Der Flaschenzug

 

   Dreitausend Jahre, dass man einst erfunden
   den Flaschenzug, die einfache Maschine.
   Seitdem hat man das Schwere überwunden:
   nicht tragen mehr – man zog nun mit Routine!

   Ein Seil führt über mehr als eine Rolle;
   die Anordnung befestigt man hoch oben,
   so hoch, wie sie die Lasten heben solle. –
   Mehr Rollen, wenig Kraft: muss man erproben.

   An Seilen braucht man wirklich nicht zu sparen:
   die Kraft zum Ziehen muss dagegen reichen –
   dann trotzte man beim Bauen den Gefahren,
   der Flaschenzug beim Bau ward Markenzeichen!

   Den Flaschenzug tat jeder Bauer loben:
   der zog ihn in der Scheune bis nach oben.

© Manfred Albert a. G.

 

Abb.: Prinzipskizze eines Flaschenzugs mit 4 Umlenkrollen:
Die Zugkraft beträgt hier nur ein Viertel der Kraft, mit der die Last selbst einwirkt.

oben: Niccola Zabaglia (1664-1750): Aufrichtung des vatikanischen Obelisken (1586);
unten: Giovanni Guerra (Drucker): Arbeitsphasen der Obelisk-Aufrichtung.

Allgemeiner Überblick über alle Maschinen und deren Anordnung, die verwendet wurden, um 1586 den Obelisk auf dem Petersplatz aufzurichten.
Domenico Fontana (1543-1607) benötigte die Zusammenarbeit von 900 Männern und 75 Pferden und setzte 50 Flaschenzüge ein, um diese Arbeit auszuführen.
/ via Wikimedia Commons; Liz. CC0 1.0 Public Domain Destination /

Dienstag, 23. März 2021

Let's Dance

Ein Turnier der zweiten Bundesliga der Standardformationen in Rüsselsheim,
Deutschland, 20.02.2009; das Bild zeigt die B-Formation des 1. TC Ludwigsburg.
Foto: Dennis H., 20.02.2009; via Wikimedia Commons; Liz.: CC BY 3.0.

   

Let's Dance

Neulich, da sah ich die Show von Let's Dance!
Wirbeln von Körpern, von Beinen und Händen;
Selten jedoch misch ich mich unter Fans –
Lasse die Sache sich einfach bewenden:
Sollen sie drehen, gerad wie sie's mögen,
Ihre Figuren in schwingenden Bögen.

Schritte und Töne sind aber für sich
Lange noch nicht das Spektakel zur Gänze –
Da geht noch andres, das finde selbst ich,
Weit über manche exotischen Tänze.
Diesen besonders gewagten Spagat
Meistert natürlich der Show-Apparat.

Breit tut sich auf hin zur Bühne das Tor,
Strahlend, wie schwebend, erscheinen die Paare,
Ganz so – als hätten sie heute nichts vor,
Kämen auch später wohl nie in die Jahre ...
Doch am Parkett sitzt die Jury, zu schauen,
Was sie an Fehltritten diesmal wohl bauen.

Wortreich gibt Jorge an Punkten die "Acht",
Schüttelt dabei die Frisur mit Vergnügen;
Mutig folgt Motsi, die scheckig sich lacht,
Sie wird man auch für nur "Sieben" nicht rügen.
Einzig Herr Llambi zieht (nie aus Versehn)
Aus seinem Ärmel höchst selten die "Zehn".

Wer aber kommt denn nun weiter am End?
Das lässt sich wirklich zum Schluss erst entscheiden:
Meidet drum, Fans, durch den Anruf behänd,
Dass die Sympathischsten allzu viel leiden.
Mich lässt, obgleich ich für vieles zu alt,
Nie eine Tänzerin tatsächlich kalt ...

© elbwolf

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Für Neugierige: Die Verse stehen im vierfüßigen Daktylus (s. bei Stummer, S.32)

Donnerstag, 18. März 2021

Monatsbild März: Wege

 
Hangweg, Voralpen                        © Die Verfasserin

Wege

Ich bin ein Wanderer auf vielen Straßen,
die ausgetreten sind und unbekannt;
viel Neues kommt mir auf dem Weg entgegen.
Sind diese Pfade doch gewissermaßen
des Lebens unbekanntes, fremdes Land;
ich muss noch Vieles lernen, meinetwegen.
Was spricht denn nun dagegen?
Wohl nichts, denn wer nichts wagt, der nichts gewinnt,
da allzu schnell die Lebenszeit verrinnt.

Oft sind die Wege breit und gut zu gehen;
und Blumen säumen meist den Wegesrand.
Der lichte Tag verlockt zum Weiterwandern,
auch wenn im allgemeinen Weltgeschehen
es Krankheit gibt und Not und Krieg und Brand –
so war es stets, es kommt so eins zum andern.
Ich will nun nicht mäandern:
führt mich auch mal ein Weg am Ziel vorbei,
geh ich ihn noch ein Mal – ich bin so frei!

© lillii (Luzie-R; März 2021)

Samstag, 13. März 2021

Liebessehnsucht-1/3: Lieben lernen (L. Winrich a. G.)

Edmund Blair Leighton (1852-1922): "Der abgewiesene Antrag" (1899).
Manchester Art Gallery; via Wikimedia Commons; gemeinfrei
.

 

Lieben lernen
/in rhythmisch freien Strophen/

Warum hat sie keiner das Lieben gelehrt?
Das Schmusen, das Kosen, das Schmeicheln?
Die Mutter, die meinte, es sei verkehrt –
Man sollte ein Mädchen nicht streicheln.

Es sollt` eher lernen, sich einzufügen,
Nicht nachzufragen, den Blick zu senken,
Stets freundlich zu sein und nicht zu lügen,
Dem Alter ehrende Achtung zu schenken.

Das hat sie getan. Doch es hat ihr gefehlt,
Von Liebe gar nie berührt zu werden
Sie hat das auch ihrem Liebsten erzählt,
Der meinte, das sei so auf Erden.

Er hat es wohl selbst nicht anders erfahren,
Vermisste es nicht und lebte dahin
Bis sie sich fragte, nach vielen Jahren,
War das mein Leben, und war es sein Sinn?

Doch kann sie denn jetzt, wo alles vorüber,
Noch immer klagen, dass es ihr fehlt?
Sie legt drum schweigend den Schleier darüber,
Und grübelt weiter, obwohl es sie quält.

© L. Winrich (a. G.)

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Anmerkungen:

Die kleine Gedichtereihe von L. Winrich wird in den kommenden beiden Monaten fortgeführt. Die Einordnung dieses Gedichtes unter die verschiedenen Gedichtformen erfolgte nach Stummer, am früher a. O., S.192.

Die Bildbeschreibung durch den Bildeigner, die Manchester-Galerie, lautet:
"A sentimental, historical scene representing figures in eighteenth-century dress. The painting depicts a garden scene looking along a river path with a small wooden bridge in the foreground, a house in the background seen through the trees to the right. A young woman in a floral dress and straw hat sits on a wooden seat on the left side of a bridge, her hands clasped round one knee, with eyes downcast. In the background to the right a man in breeches and a long coat is walking away, his head bowed and his hands clasped behind his back.
"

Dienstag, 9. März 2021

Aktuelle Leierkastenverse

Olga Ernst (Foto): Saharastaub auf der Schwäbischen Alb
Aufnahme vom 06.02.2021 (Detail); via Wikimedia Commons; Liz.: CC BY-SA 4.0


  Aktuelle Leierkastenverse *)

Stachliges
Ich mag, wenn sie am Gaumen
mit Wohlgeschmack zergehn,
doch wird man diese Pflaumen
bei mir nicht wachsen sehn.
Seit Zeiten, schon geraumen,
kann eins ich nicht verstehn:
auch ich hab 'grünen Daumen' –
nur leider bei Kakteen!

Staub
Die Hitze unsrer Sonnen
weht den Saharastaub
zu hunderttausend Tonnen
bis Brüssel, wie ich glaub.
Bald fehlt uns Nass im Bronnen,
vertrocknen wird das Laub –
noch eh wir uns besonnen,
sind wir des Klimas Raub.

Testerei
Von "Kullern" ganz verpestet
der Globus, wie man schaut,
doch wird jetzt scharf getestet:
wir zeigen uns erbaut!
Noch ist fast nichts vernestet,
so dass die 'action' flaut –
schon sind ein paar gemästet,
dass Augen man kaum traut.

Zahlenspiele
Man findet in Annalen
die Wochen-Inzidenz
mit immer andren Zahlen –
die haben die Tendenz,
dass sie gut untermalen
der Kugeln Virulenz!
Wir selber leiden Qualen
in 'Lockdown'-Permanenz.

elbwolf (08.03.2021)

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*) Anmerkung:
Die ersten Leierkastenverse wurden auf Versbildner am 22.11.2016 gepostet. Dort stehen auch ein paar Regeln. Die Bezeichnung ist eine "eigene Erfindung". Im Sinne bekannter lyrischer Formate handelt es sich um eine Art von Sizilianen (die ja nur 2 Reimsilben haben, abababab), deren Verse hier aus dreifüßigen Jamben bestehen.

Freitag, 5. März 2021

Paradiesische Zeiten

Erastus Salisbury Field (1805-1900): The Garden of Eden, ~1860.
Museum of Fine Arts, Boston (USA); via Wikimedia Commons; Public Domain.


 

Paradiesische Zeiten

Es gab für Mensch und Tier schon Paragraphen
im Paradies: die waren vorgesehen,
zu sichern solcherart ihr Fortbestehen,
weshalb sie alles Lebende betrafen.

Zufrieden war der HErr – er schuf den Hafen,
der Existenz versprach und Wohlergehen –
bei freiem Willen. Würde es geschehen,
dass man Gebot missachtet – trotz der Strafen?

Wer ist denn wirklich Krone der Natur?
Der Mensch, dem er so vieles zugestand,
kam vom Verstande her nicht in die Spur.

Wenn alles läge in des Gottes Hand
und das nicht ausschloss menschliches Versagen –
wär man erneut am Anfang aller Fragen.

© lillii (Luzie-R)

Montag, 1. März 2021

Unser Gast: Erika Müller-Pöhl mit Buchgrafik/3

 Kalenderblatt März 2021


© Erika Müller-Pöhl: Buchillustration zu 'Der Herr Etatsrat', ehem. Greifenverlag, 1985; S. 101:
'Tanzet, kleine Fräulein, tanzet!' – aber er, der Etatsrat, konnte gar nicht mehr Takt halten.


Storms Novelle 'Der Herr Etatsrat'

Auf den Etatsrat bezieht sich gleich ein Ge-spräch über ihn mit den Worten "Sie müssen die Bestie ja noch in Person gekannt haben?" Das galt seinem Versagen als verwitwetes Familienoberhaupt in der Erziehung der Kin-der, der Sophia und des älteren Archimedes.

Sophie ist glücklich, als der Vater ihr erstmals erlaubt, eine kleine Gesellschaft gleichaltriger Mädchen in den Gartensaal einzuladen. Nur nimmt dort die Katastrophe ihren Anfang, als der Vater eine Bowle bringen lässt, sich selbst betrinkt und die Feier damit platzen lässt.
Der Sohn, ein Mensch von 'guter und heiterer Gemütsart', darf erst Jahre nach der Matura an die Universität gehen. Dort überfordert er seine Gesundheit und ahnt schließlich den eigenen Untergang und den der Schwester.

Tanz eines jungen Mädchens
/alt-italienisches Sonett/

Von allen ihm beschiednen Erdentagen
schien dies vielleicht der glücklichste im Leben
des Mädchens – denn es würde voll Behagen
ihm ständig Raum in der Erinnrung geben.
Wie herrlich, den Gespielinnen zu sagen:
"Herbei, lasst uns im Tanze fröhlich schweben
und fühlen, was im Ernst wir später wagen,
wenn wir als junge Frauen danach streben."

Doch bringt der Vater, dem voll Widerwillen
nichts bleibt, als dieses Tanzen zu gestatten,
solch noch nie Dagewesnes zum Erliegen:
Der Punsch, den er bereiten ließ im Stillen,
ist sein Getränk und lässt ihn ganz ermatten.
Mit Unmut kann man fröhlich Tun bekriegen.

/© W.H./  


 Anmerkung:

Storms Novelle vom 'Herrn Etatsrat' Sternow beim Landeswasserbauamt, nach heutigen Begriffen etwa ein Regierungsrat, entstand 1881, vier Jahre nach 'Carsten Curator'. Dieser Beamte wird in seinem privaten Bereich geschildert, wie er durch völlige Gleichgültigkeit den Untergang der eigenen Familie hinnimmt, ja im wirklichen Sinn überhaupt in Gang setzt. Dass der Leser die Schilderung dieser abschüssigen Entwicklung toleriert, bewerkstelligt Storm damit, dass er seine Titelfigur mit grotesken Zügen ausstattet und dann über ihre Hässlichkeit schon keine Worte mehr verlieren muss.
Die Wikipedia fasst die Gesamthandlung der Novelle zusammen.
Das Literaturlexikon der Uni Saarland schildert die Handlungsweise der Figuren im Detail.

Unseren Gast, die Buchgrafikerin Erika Müller-Pöhl, hat der 'Versbildner-Blog' bereits Mitte Januar vorgestellt – Vita, grafisches Werk, Bibliografie sowie den Buchumschlag zu den beiden Novellen 'Carsten Curator' und 'Der Herr Etatsrat'. /elbwolf al. W.H./