Hier schreiben Hobbydichter für Lyrik-Freunde – meist Gereimtes und nur Druckreifes! Willkommen also, viel Vergnügen mit unseren Gedichten und deren Bebilderung!

Aufrufe unseres Blogs erfolgen automatisch mit Sicherheitsprotokoll "https". Am 18. Mai 2022 hatten wir unseren 600. Beitrag in den Blog gestellt!

Bereits seit Jahresbeginn bringen wir neue Folgen an Kalenderblättern und Monatsbildern. Darum herum dann das, was sich an Einfällen so ergibt – man wird sehen! Nun ja, was man auch sieht: wir "unterschlagen" seit einer ganzen Weile auch einen gewissen Anteil an sanfter Erotik nicht länger - die Zeiten sind eben so ...

Wir teilen den Lesern unseres Versbildners mit und bitten um Verständnis, dass wir auch weiterhin das monatliche Angebot auf 6 Beiträge beschränken - die Kontaktarmut dieser Zeit bringt leider auch eine gewisse Ideenarmut mit sich. Neueinstellungen erfolgen damit um die Kalendertage des 1., 6., 11., 16./17., 21./22., 25.-27. eines Monats.

Sonntag, 28. August 2022

Hausbau – mit Akzentversen!

Foto: Wilhelm Walther († 1983): Hausbau, Bild-Nr. 8061 (1932-35);
Geschenk des Autors für Wikimedia-VRTS; Liz. CC BY-SA 4.0.

Wenn ein Dichtender einen Nicht-Dichtenden auffordert, er solle doch auch einmal ein Verslein "dichten", so denkt der Aufgeforderte natürlich prompt, er solle ein gereimtes Gedicht liefern Das aber hört sich an, als ob alle Verse auch gereimt sein müssten – und das stimmt eben nicht!
Dabei wenden wir uns hier nicht an die Nur-ungereimt-Dichtenden, nein, wir wenden uns an die, die überhaupt gern einmal dichten würden, aber sich nicht trauen.

./.

Das Instrument, das wir brauchen, steht ganz am Anfang der vielgesichtigen Vers- und Gedichtformate der deutschen Lyrik und heißt

Akzentverse,

zählt NUR die Hebungen im Vers, d. h. die betonte Silben /mit "–" bezeichnet/,
zählt NICHT die Senkungen, d. h. die unbetonten Silben /mit "u" bezeichnet/.
Alle Verse eines Gedichtes MÜSSEN gleich viele Hebungen "–" haben, aber von Gedicht zu Gedicht ist diese Anzahl frei wählbar.
Nehmen wir /nur für Beschreibungszwecke/ noch runde Klammern hinzu, die lediglich besagen, dass der Klammerinhalt ent­weder vorhanden sein oder ganz fehlen kann, dann beschreibt diese Formel unsere Akzentverse:

(u(u))(u(u)) … (u(u))(u(u))

 Mit Worten besagt die Formel, dass zwischen je zwei benachbarten Hebungen höchsten 2 Senkungen stehen dürfen, es genügt aber auch eine oder gar keine.

 

Mini-Häusle-Bau

Ein Stein,
ein Kalk,
ein Bier –
und fertig

u-
u-
u-
u-u

 

Bitte: ein komplettes Gedicht in ungereimten Akzentversen – aber eben "mini"!


Im Plattenbau weiter zur Miete

Ein Stein ein Kalk ein Bier – das wars!
Der Bau wird davon nicht so schnell
auch fertig, denn die Zeit, die rennt,
weil etwas ganz Bestimmtes fehlt.

Denn zu dem Stein, dem Kalk, dem Bier
da braucht es mehr an Maurern noch,
dem Handwerk aber fehlen Kader.
Und teurer wird die Sache ständig:
Kredite schwinden gegen Null;
die Heizungsfrage – ungelöst.

Dann läuft auch noch die Frau davon;
sie hat sich in 'nen Kerl verliebt,
der mit dem Bau'n längst fertig ist!

Die guten Zeiten sind vorbei –
ich bleib im Plattenbau zur Miete!

u-u-u-u-
u-u-u-u-
u-u-u-u-
u-u-u-u-

u-u-u-u-
u-u-u-u-
u-u-u-u-u
u-u-u-u-u
u-u-u-u-
u-u-u-u-

u-u-u-u-
u-u-u-u-
u-u-u-u-

u-u-u-u-
u-u-u-u-u

 

Bitte: Das "Revolutionäre" an diesen ungereimten Akzentversen ist, dass zur besseren Gliederung beliebig Leerzeilen eingeschaltet werden können – und das wäre bei anderen Versarten sonst kaum möglich!

Zum Abschluss die AUFGABE für die verehrten Leser:
Formulieren Sie bitte Inhalt bzw. Aussage der Verse so um, dass statt einzelner Senkungen auch manchmal zwei Senkungen oder /ausnahmsweise/ auch zwei Hebungen hintereinanderstehen!

© elbwolf (27.8.2022)
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Anm: Ungereimte Akzentverse waren bisher zweimal auf "versbildner" eingestellt:
am 16.1.2018 und am 11.8.2021.

Montag, 22. August 2022

Quo vadis, Rundfunkrat?

Abb.: Norwegischer Sendemast,
Trondheim.
GFDL-licensed.
Foto: Alex Brasetvik, 10/2004

Nachdem der italienische Radio- und Amateurfunk-Pionier Marconi (1874-1937) seine um die Jahrhundertwende erzielten Übertragungsweiten von Funksignalen soweit ausgebaut hatte, dass er 1909 gemeinsam mit Braun dafür den Nobelpreis für Physik erhielt, führten schon vor den Weltkriegsjahren die späteren Funker zunächst die Berufsbezeichnung "Marconist" – was für die Angestellten der am 15.4.1912 gesunkenen "Titanic" verbürgt ist.

Von da ist es ein langer Weg bis zu der heutigen Internet-Nachricht dieses Inhalts: "Der Druck auf die Führung des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB)
  wächst. Der Redaktionsausschuss der Landesfunkanstalt hat die Geschäftsleitung nach übereinstimmenden Berichten zum Rücktritt aufgefordert." Die "Funkerei" scheint es bis heute noch an sich zu haben – dass man nämlich sehr leicht "ein kleines l" zwischen ihre Buchstaben schieben kann!
Nennen wir in den folgenden Versen die betreffende "anfällige Truppe" der Einfachheit halber mal "Rundfunkrat", da diese Wortbildung so unrealistisch ist, dass sie i. Allg. niemand auf den Senkel gehen dürfte.

./.
  

Quo vadis, Rundfunkrat?

Ihr staunt mit mir – wen man gebeten
als Mitglied in den Rundfunkrat?
Ihr seid – wie ich – jetzt auch betreten,
was man im Hohen Rat so tat?
Man spielte Ball dort mit viel Drall
und kam dann prompt auch vor den Fall!

Jetzt geht es wieder demokratisch!
Geschrei – nicht mehr als mittelgroß,
der Rat höchstselbst ­– nicht mehr apathisch,
sonst wären sie die Posten los.
So kommt's, dass Rücktritt wie Entlassung
kaum jemand bringt aus seiner Fassung.

Der Hörer kommt auf keine Kosten,
so einfältig ist das Programm,
bei dem die Stücke längst schon rosten:
man fühlt, dass "die" nichts andres hamm!
Lebt nur der Rundfunkrat wie Maden ...
wir schalten aus – wird uns kaum schaden!

© elbwolf (21.08.2022)

Dienstag, 16. August 2022

Die Reiter der Apokalypse

Wasnezow W. M. (1848-1926):  Die vier Reiter der Apokalypse (1887);
Standort: Glinka-Museum; via Wikimedia Commons; Liz.: gemeinfrei.

Die Reiter der Apokalypse

Die Welt ist lange nicht im Gleichgewicht –
das zeigen an die vier besondren Reiter.
Geht irgendwann die Hoffnung nicht mehr weiter,
erhebt der Tod sein fahles Angesicht.

Der Reiter mit der Waage bringt die Not –
die Menschen haben Durst und nichts zu essen;
fast scheint, als hätte sie ihr Gott vergessen,
den sie doch baten um ein Stück vom Brot.

Der Reiter mit dem Schwerte schürt den Streit;
er nimmt der Welt den Frieden, ist der Schlächter.
Die Antwort auf Verzweiflung ist Gelächter:
er mag die Menschenkinder tief entzweit.

Der Reiter mit dem Bogen hofft auf Sieg –
er kämpft für Freiheit und gerechte Zeiten,
doch kann der Sieg ihm durchaus noch entgleiten:
noch wird die Welt ringsum beherrscht vom Krieg.

Wird irgendwann sich alles friedlich zeigen,
werd ich mich liebend gern vor euch verneigen!

© Luzie Rudde

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Donnerstag, 11. August 2022

Mondlicht – à la Theodor Storm

Ralf Roletschek: Foto vom 17.12.2013, 18:37:15; eigenes Werk, Liz.: CC BY 3.0.
Dresden, nächtlicher Blick vom Landtag über die Elbe auf die Augustusbrücke.

Mondlicht – à la Storm
/mit einer kompletten Strophe aus
"Mondlicht" von Theodor Storm/

(1)
Wie fahl im Licht des Mondes
Liegt die gewohnte Welt.
Erscheint sie deshalb friedvoll –
Bedeckt vom Himmelszelt?

(2)
Die Winde müssen schweigen,
So sanft ist dieser Schein;
Sie säuseln nur und weben
Und schlafen endlich ein.

(3)
Was in des Tages Mühen
An Fertigem erbracht –
Es hinterlässt doch Spuren,
Heischt Ruhe jetzt zur Nacht.

(4)
Manch einer ist die Stille
Schon lang nicht mehr gewohnt.
Dankt nun in solchen Stunden
Dafür dem Silbermond.

© elbwolf (W.H., ausgenommen die Storm-Strophe)
10.08.2022

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Kleiner Scherz:
Eine der vier Strophen ist bis aufs i-Tüpfelchen genau bei Theodor Storm (1817 - 1888) entliehen – aber welche? Nun ...
diese hier
!

Samstag, 6. August 2022

Freiwillig oder gebannt?

© Luzie Rudde: Foto von einer Umrundung des Stausees Kops*):
Gebilde an einer Baumwurzel am Seeufer; Aufnahme: Juli 2022.


Freiwillig oder gebannt?

Sehr hoch am Rande eines Alpensees
gezwängt in einen Baum, fast wie im Märchen,
fand ich dies wunderliche traute Pärchen;
es mutet an, als wär‘ es ihr Verlies.

Was trieb sie hin zu diesem fernen Ort?
Wer bannte sie hinein in Baumes Rinde?
Geschützt sind sie nur vor dem kalten Winde;
es fehlt an jedem denkbaren Komfort.

Sie haben sich, und ihnen ist's genug;
als Mann und Frau sind sie wie Eheleute.
In dieser Umwelt wird man schnell zur Beute,
doch gab's wohl keinen, der sie je das frug.

Auch ich ging weiter – hab mich nicht getraut,
die Zweisamkeit als ihr Idyll zu stören:
Idyll der Zwei, die immer sich gehören.
Gar viele haben sie dort so geschaut.

Natur wählt oft die sonderliche Form;
der Mensch entdeckt sie nur, fängt an zu staunen,
hört gar nicht zu, will sie ihm etwa raunen:
"Ach Menschenkind – du lebst zu viel nach Norm!"

© Luzie Rudde (Juli 2022)

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*) Der Stausee Kops liegt in den österreichischen Alpen im
Bundesland Voralberg auf der Grenze zwischen Silvretta und
Verwall. Touristisch erreichbar vom Montafon oder von Galtür aus.
https://de.wikipedia.org/wiki/Stausee_Kops 

Montag, 1. August 2022

Kalenderblatt 08/2022 – "Osterzgebirgsbilder" von Udo Petzold

© Udo Petzold (*1950)                                                Walldorf (?)

Der Blickwinkel des Malers (2)

Das Schlösschen klein und in der Unschuldsfarbe weiß –
So liegt es zwischen Kirch' und Katen ganz geduckt,
Ja selbst vom Hain der Bäume wird es überstrahlt.

Für sich allein gewönne es wohl keinen Preis!
Dann kam der Künstler, hat nur einmal hingeguckt,
Und hat's in Bildes Mitte ungeschönt gemalt.



 ↑ © Bild: Udo Petzold (s. u. Hinweis)                                                          ↑ © Text: W. Herrmann


Hinweis:
Das ©-Right für das Bild von Herrn Udo Petzold, Dresden, liegt
 – zusammen mit der Verantwortung für Bildbenennung und -datierung –
vollumfänglich beim Autor. Diese Wiedergabe entspricht einer einmaligen Gestattung
durch den ©-Inhaber und ist auch bei dieser nicht-kommerziellen Verwendung
auf "Versbildner" keinerlei Lizenzierung nach CC BY-SA 2.0-4.0 gleichgestellt!.
Sämtliche Bilder befinden sich im Privatbesitz des Künstlers.

Kalenderblatt 08/2022 –"Osterzgebirgsbilder"
von Udo Petzold (*1950)
Walldorf