Hier schreiben Hobbydichter für Lyrik-Freunde – meist Gereimtes und nur Druckreifes! Willkommen also, viel Vergnügen mit unseren Gedichten und deren Bebilderung!

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Bereits seit Jahresbeginn bringen wir neue Folgen an Kalenderblättern und Monatsbildern. Darum herum dann das, was sich an Einfällen so ergibt – man wird sehen! Nun ja, was man auch sieht: wir "unterschlagen" seit einer ganzen Weile auch einen gewissen Anteil an sanfter Erotik nicht länger - die Zeiten sind eben so ...

Wir teilen den Lesern unseres Versbildners mit und bitten um Verständnis, dass wir auch weiterhin das monatliche Angebot auf 6 Beiträge beschränken - die Kontaktarmut dieser Zeit bringt leider auch eine gewisse Ideenarmut mit sich. Neueinstellungen erfolgen damit um die Kalendertage des 1., 6., 11., 16./17., 21./22., 25.-27. eines Monats.

Dienstag, 26. Oktober 2021

Hanebüchene Physik-10: Uhr als Kompass (mit Manfred Albert a. G.)

Prinzip-Skizze: M. Albrecht

 

Die Tippeltappeltour in den Süden

Bist du Besitzer einer Uhr, die geht,
dann starr nicht so stupide in die Runde –
zumal die Sonne hoch am Himmel steht.

Mehr Info gebe ich dir nicht zur Kunde:
Zeig du mir jetzt, wo Richtung Süden ist,
sofort – und nicht getrödelt eine Stunde!

Die Uhr ist jetzt der wichtigste Statist:
richt sie mit kleinem Zeiger auf die Sonne –
den Winkel schau, den mit der 12 er misst.

Und diesen Winkel teilst du nun mit Wonne
in gleiche Hälften – gradezu trivial;
bekommst Applaus getrommelt auf die Tonne!

Nach Süden zeigt der Strich – was ein Signal!
Das du wohl sicherlich nicht hast erwartet,
doch ist die Sache absolut legal,
nur war mein Spiel mit dir leicht abgekartet ...

© M. Albrecht & elbwolf

Donnerstag, 21. Oktober 2021

Wer ist noch nicht gedruckt? (Glosse)

Collage of Printing, 1.12.2016; via Wikimedia Commons, gemeinfrei.

Wer ist noch nicht "gedruckt"?
(gesetzt aus vier Dezimen im Format "espinela")


                     Motto:

Kosten kann es Kopf und Kragen,
wer da aufmuckt, wenn er schreibt. -
Lohnt es sich doch einzuklagen:
schwarz auf weiß Gedrucktes bleibt!

 

Jemand hat was mitzuteilen,
doch das liebe Publikum
nimmt schnell Mitgeteiltes krumm –
sollte man das noch beeilen?
Zeigt sich doch nicht nur bisweilen:
Langmut meidet Unbehagen.
Alles kann man nicht vertagen,
schließlich kommt es doch heraus,
nimmt wie vor sich selbst Reißaus –
kosten kann es Kopf und Kragen!

Wer besitzt schon solche Gabe
und zum Worte reiht das Wort,
immer weiter und so fort –
nicht als Angeber-Gehabe.
Erst wenn sich der Geist dran labe,
manches Wort auch hängenbleibt.
Kommt drauf an, wie man's betreibt :
um Ideen zu verfrachten,
gibt es vieles zu beachten,
wer da aufmuckt, wenn er schreibt.

Flüchtig ist selbst gute Rede,
schnell verblasst die schönste Schrift;
was den Inhalt anbetrifft,
da geht gar nichts stante pede!
Ja, da staunst du, alter Schwede,
was man alles könnte wagen!
Aber lass dir eines sagen:
hält man dich für zu gering –
mache das zu deinem Ding.
Lohnt es sich doch einzuklagen.

Willst du, dass umsonst geschrieben,
und geredet in den Wind,
Worte, die doch passend sind
und schon gar nicht untertrieben?
Meutre, dass die Funken stieben,
wer dich auch zum Ducken treibt!
Dass dich keiner einverleibt –
gegen Einflüsse gefeit
braucht dein Werk die Sicherheit:
schwarz auf weiß Gedrucktes bleibt!

© elbwolf (10.10.2021)

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Lit.:
Stummer: Vers, Reim, Strophe, Gedicht, S.109

Die "Glosse" berührt den Herzenswunsch jedes Verfassers – einmal gedruckt zu werden. Und wenn es denn endlich so weit wäre, da haben die Papierfabriken des Landes von Buchdruckpapier auf Verpackungsmaterial umgestellt …

Samstag, 16. Oktober 2021

Sirenengesang

Gustav Wertheimer (1847-1902): Der Kuss der Sirene (1882).
Indianapolis Mus. of Art; via Wikimedia Commons; Liz.: Public domain.

  Sirenengesang


Still ruht die See, still ist die Nacht;
ein Ruderer im Boot –
taucht seine Ruderblätter sacht
ins Wasser, nichts bedroht.
Das Ufer fern, der Himmel weit
so sieht er seine Welt.
Er liebt sie, diese Einsamkeit –
wie auch das Sternenzelt.

Der Mond schenkt Licht, der Mond schaut zu –
das Wasser sich bewegt.
Ein leises Singen bricht die Ruh;
der Mann lauscht angeregt.
Am Bootsrand nun im Mondeslicht
taucht auf ein Fabelwesen
in dessen Aug‘ das Licht sich bricht –
verlockend ist es und erlesen.

Halb zog es ihn; halb sank er hin,
von Armen aufgefangen,
die zärtlich und sehr feminin
um seinen Leib sich schlangen.
Halb zog es ihn – sein Herz schlug wild –
sein Wollen war gebrochen;
vernarrt war er in dieses Bild;
er ließ sich unterjochen.

Still ruht die See, still ist die Nacht
und Stille ist im Kahn.
Das Wasserwesen hat gelacht –
ihm schien es ein Orkan.
Der singt die schönsten Liebesweisen,
die je ein Ohr vernommen
und nahm ihn mit auf weite Reisen –
es gibt kein Wiederkommen.

© Luzie Rudde

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Anm. zum Bild:
Depicts a erotic mythical Siren luring the Sailor to the bottom of the ocean with a passionate kiss.

Montag, 11. Oktober 2021

Böhmische Reise/3: Bei Goethe in Elbogen

"Goethe mit Ulrike von Levetzow",
Denkmal von Heinrich Drake (1903-94), aufgestellt 1975
am Marienbader Goethewanderweg, unweit der Waldquelle.
(via Wikimedia Commons; lizenzfrei)

 

  Bei Goethe in Elbogen *)

/ Knittelverse (4-hebig, paarweise gereimt, nicht-strophisch) /

Die Eger umfließt das Städtchen im Bogen,
die Zeilen der Häuser – am Fluß langgezogen,
sie drängen die Burg auf die felsige Spitze.
Doch das grade macht erst stimmig die Skizze.
Schaut man von oben hinab auf den Flecken,
lässt sich unschwer am Markt ein Haus entdecken
das mit der breiten Aussichtsterrasse
und der Gastlichkeit einer Extraklasse.

Dorthin lädt Herr Goethe nach umsichtger Wahl
die Levetzow-Damen zum festlichen Mahl:
die Mutter, drei Mädchen, er selbst sind die Runde.
Fünf Forellen braten geschlagene Stunde,
doch der Dichter scheint mit Gedanken weit fort,
ein Ja wünscht er sich – der Ältesten Wort:
für Ulrike hat er sich lang schon entschieden,
bisher aber jegliches Aufsehn vermieden.
Trotz Obrigkeitssegen fand leider sein Wollen
die Zustimmung nicht – wie sie doch hätte sollen!

So bleibt die Erinn'rung, und die schon für immer,
als er Böhmen verlässt ohne Hoffnungsschimmer.
Die Schar der Bewerber wird kaum jemand zählen
Ulrike mocht' aber keinen erwählen.
Nachdem sie zum Wohnsitz Schloss Trieblitz sich nimmt
wird ihr Lebensweg nur noch vom Altern bestimmt.

© elbwolf/W.H., 6.5.2016

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*)  Elbogen = Ellenbogen = cz. Lokot

Vom 26. Juni bis zum 11. September 1823 weilte Goethe zu seinem
letzten Aufenthalt in Böhmen. Den 28. August, seinen 74. Geburtstag,
nennt er "Tag des öffentlichen Geheimnisses", nachdem Carl August
diskret und quasi wie ein Brautwerber vergeblich für ihn um Ulrike von
Levetzows Hand angehalten hatte, indirekt natürlich.
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Mit besonderer Freude gebe ich hier den lyrischen Versuch einer Poetessa wieder, mit dem sie den "Genius loci" einzufangen versucht:

Ellenbogen in Böhmen

Alternde Liebe, letzter Rausch der Sinne. –
Auf Wegen klassischer Vergangenheit
Wandere ich durch die Zeit.
Blaue Schleife des Flusses legt sich
Schützend um die Stadt der späten Versuchung.
Geduckte Häuser in engen Straßen
Schauen wissenden Auges auf Szenen,
Die zu Legenden wurden.
Unschuld und Weisheit umtanzten einander
Und scheiterten an den Konventionen.

Ob die Liebe blieb, wissen die Sterne,
Die sich noch immer
In den Wellen der Eger spiegeln.

© L. Winrich (2016)


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*) Zu den Versen s. Stummer: Vers Reim Strophe Gedicht, S. 46

Mittwoch, 6. Oktober 2021

Oktober – ein Monatsbild ... (Sonnenblumen)

Foto-©: die Verfasserin

Sonnenblumen

Die Sonnenblumen an den Straßenrändern
sie drehen ihre Köpfe stets zur Sonne;
für Honigbienen sind sie eine Wonne
und Felder schmücken sie mit hellen Bändern.
Die gelben Körbchenblüten dicht an dicht;
sie leuchten weit ins Land im Sonnenlicht.

Des Abends, wenn die Sonne untergeht,
sich nun die Köpfe gegen Osten wenden;
am frühen Morgen wird die Drehung enden
und alle Köpfe sind zum Licht gedreht;
sie wandern mit der Sonne hin zum Westen,
wenn Vögel singen in des Baumes Ästen.

Schon eine große Sonnenblumenpflanze
vernichtet Kohlendioxid in Mengen;
sie schafft es ohne sich groß anzustrengen,
drum breche ich für sie gern eine Lanze.
Sie braucht das Licht der Sonne so wie wir
und ist in ihrem Umkreis ... Pionier!

© Luzie Rudde

Freitag, 1. Oktober 2021

Unser Gast: Erika Müller-Pöhl mit Buchgrafik/10

 Kalenderblatt Oktober 2021

© Erika Müller-Pöhl – Ill. zu Gottfried Keller: Der schlimm-heilige Vitalis (S. 86)
(aus "Sieben Legenden", Ausgabe Kleine Erbe-Serie im ehem. Greifenverlag zu Rudolstadt, 1975)
Abb.: Die tugendhafte, heiratswillige Jole hört zum ersten und letzten Mal, wie Vitalis Moral predigt  


Anmerkung:
Unseren Gast, die Buchgrafikerin Erika Müller-Pöhl, hat der 'Versbildner-Blog' bereits Mitte Januar vorgestellt – Vita, grafisches Werk, Bibliografie sowie den Buchumschlag zu den beiden Novellen 'Carsten Curator' und 'Der Herr Etatsrat' im I. Quartal 2021 hier gezeigt. Unter ihren buchgrafischen Arbeiten hat Erika-Müller-Pöhl die zur Ausgestaltung von Rainer Hohbergs 'Schachtelhälmchen – Pflanzenmärchen aus aller Welt" besonders liebevoll ausgeführt - hier im II. Quartal gezeigt. Im III. Quartal schmückten unsere Kalenderblätter drei Illustrationen zu J. I. Kraszewskis historischem Roman "Gräfin Cosel".

In diesem Quartal zeigen wir drei Illustrationen zu Gottfried Kellers "Sieben Legenden" in der 'Kleine-Erbe-Serie' des nach 1989 gleich zweimal in die Insolvenz getriebenen Greifenverlags zu Rudolstadt.

Die verwendeten Verse sind solche mit so genannten "einmal frei wiederkehrenden Reimen" (s. Stummer, S. 67), wie sie z. B. Schiller in seinem letzten dramatischen Werk, dem lyrischen Spiel 'Die Huldigung der Künste' (1804) einsetzte oder Nikolaus Lenau im Großgedicht 'Ahasver, der ewige Jude' (1827-31).

/elbwolf al. W.H./