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Montag, 11. Oktober 2021

Böhmische Reise/3: Bei Goethe in Elbogen

"Goethe mit Ulrike von Levetzow",
Denkmal von Heinrich Drake (1903-94), aufgestellt 1975
am Marienbader Goethewanderweg, unweit der Waldquelle.
(via Wikimedia Commons; lizenzfrei)

 

  Bei Goethe in Elbogen *)

/ Knittelverse (4-hebig, paarweise gereimt, nicht-strophisch) /

Die Eger umfließt das Städtchen im Bogen,
die Zeilen der Häuser – am Fluß langgezogen,
sie drängen die Burg auf die felsige Spitze.
Doch das grade macht erst stimmig die Skizze.
Schaut man von oben hinab auf den Flecken,
lässt sich unschwer am Markt ein Haus entdecken
das mit der breiten Aussichtsterrasse
und der Gastlichkeit einer Extraklasse.

Dorthin lädt Herr Goethe nach umsichtger Wahl
die Levetzow-Damen zum festlichen Mahl:
die Mutter, drei Mädchen, er selbst sind die Runde.
Fünf Forellen braten geschlagene Stunde,
doch der Dichter scheint mit Gedanken weit fort,
ein Ja wünscht er sich – der Ältesten Wort:
für Ulrike hat er sich lang schon entschieden,
bisher aber jegliches Aufsehn vermieden.
Trotz Obrigkeitssegen fand leider sein Wollen
die Zustimmung nicht – wie sie doch hätte sollen!

So bleibt die Erinn'rung, und die schon für immer,
als er Böhmen verlässt ohne Hoffnungsschimmer.
Die Schar der Bewerber wird kaum jemand zählen
Ulrike mocht' aber keinen erwählen.
Nachdem sie zum Wohnsitz Schloss Trieblitz sich nimmt
wird ihr Lebensweg nur noch vom Altern bestimmt.

© elbwolf/W.H., 6.5.2016

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*)  Elbogen = Ellenbogen = cz. Lokot

Vom 26. Juni bis zum 11. September 1823 weilte Goethe zu seinem
letzten Aufenthalt in Böhmen. Den 28. August, seinen 74. Geburtstag,
nennt er "Tag des öffentlichen Geheimnisses", nachdem Carl August
diskret und quasi wie ein Brautwerber vergeblich für ihn um Ulrike von
Levetzows Hand angehalten hatte, indirekt natürlich.
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Mit besonderer Freude gebe ich hier den lyrischen Versuch einer Poetessa wieder, mit dem sie den "Genius loci" einzufangen versucht:

Ellenbogen in Böhmen

Alternde Liebe, letzter Rausch der Sinne. –
Auf Wegen klassischer Vergangenheit
Wandere ich durch die Zeit.
Blaue Schleife des Flusses legt sich
Schützend um die Stadt der späten Versuchung.
Geduckte Häuser in engen Straßen
Schauen wissenden Auges auf Szenen,
Die zu Legenden wurden.
Unschuld und Weisheit umtanzten einander
Und scheiterten an den Konventionen.

Ob die Liebe blieb, wissen die Sterne,
Die sich noch immer
In den Wellen der Eger spiegeln.

© L. Winrich (2016)


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*) Zu den Versen s. Stummer: Vers Reim Strophe Gedicht, S. 46

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