Hier schreiben Hobbydichter für Lyrik-Freunde – meist Gereimtes und nur Druckreifes! Willkommen also, viel Vergnügen mit unseren Gedichten und deren Bebilderung!

Aufrufe unseres Blogs erfolgen automatisch mit Sicherheitsprotokoll "https". Am 18. Mai 2022 hatten wir unseren 600. Beitrag in den Blog gestellt!

Bereits seit Jahresbeginn bringen wir neue Folgen an Kalenderblättern und Monatsbildern. Darum herum dann das, was sich an Einfällen so ergibt – man wird sehen! Nun ja, was man auch sieht: wir "unterschlagen" seit einer ganzen Weile auch einen gewissen Anteil an sanfter Erotik nicht länger - die Zeiten sind eben so ...

Wir teilen den Lesern unseres Versbildners mit und bitten um Verständnis, dass wir auch weiterhin das monatliche Angebot auf 6 Beiträge beschränken - die Kontaktarmut dieser Zeit bringt leider auch eine gewisse Ideenarmut mit sich. Neueinstellungen erfolgen damit um die Kalendertage des 1., 6., 11., 16./17., 21./22., 25.-27. eines Monats.

Freitag, 28. Juni 2019

Narren und Weise

Hieronymus Bosch (~1450-1516): Das Narrenschiff (~1495-1510); Louvre; gemeinfrei.
Ernst Moritz Geyer (1861-1941): Die Weisheit (1887); gemeinfrei
(Quellen: links – wikimedia; rechts – Westermanns Monatshefte 1931, Bd. 150, II/366)

Über die Unterschiede zwischen Weisen und Narren
heißt es im Buch Jesus Sirach 21 Vers 29 (2. Jh. v.u.Z.):
"Ein Narr lacht überlaut; ein Weiser lächelt nur ein wenig."


Narren und Weise

Die Narren gabs schon immer auf der Welt,
sie lärmen viel und lachen übermäßig.
Für Narrheit gibt es oft noch ein Entgelt;
das brauchen sie – denn sie sind auch gefräßig.

Dem Weisen ist das Lächeln mehr vertraut;
er möchte das Besinnliche nicht missen
und sucht Beständigkeit, auf die er baut.
Das Laute böte ihm kein Ruhekissen.

Es teilen viele sich den Lebensraum,
und der ist ungeschützt uns überlassen.        
Wer nun nur närrisch denkt, den stört das kaum –
doch nur um Himmelswillen nichts verpassen!

So hoffe ich, dass sich die Weisen finden,
zu einem Weltenschutzbund sich verbinden.

© lillii (Luzie-R)
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Gedicht in Form eines englischen Sonetts mit fünffüßigen Jamben.
Sein Reimschema will in den 3 Quartetten jeweils eigene Reim-Silbenpaare in
Kreuzreimung und im Schlussreim ein weiteres, insgesamt also 7 Reimsilben
(mehr als jede andere Sonettform) und lautet daher: abab – cdcd – efef – gg.

Mittwoch, 26. Juni 2019

Paarreimer – wofür sie gut sind (2 Lehrgedichte)

Straßenkreuzung "Briller Kreuz", Wuppertal
Foto&©: Atamari, 14.04.2007; via wikimedia; Liz.: CC BY 3.0
Dem Gelegenheitsdichter – vor allem in der "Start-up-Phase", wenn man eigentlich investieren müsste – fehlt meist die/jede Einsicht, dass gestandene Verslehren ihm das Entstehen (s)eines Gedichtes in dieser Reihenfolge nahelegen:
(1) konzipieren (Umfang vs. Details und deren Abfolge),
(2) rhythmisieren
(3) und dann erst: verreimen (oder freie Verse wählen).
Er hält es so, dass ihn der große Spötter G. Chr. Lichtenberg (1742-99) auch heute noch auf die Schippe nähme: "Die Leute, die den Reim für das wichtigste in der Poesie halten, sie betrachten die Verse wie Ochsen-Käufer von hinten".

Eine Möglichkeit, nach (1) wenigstens (2) + (3) gemeinsam anzugehen, stellt der Paarreimer aus gereimten Versen mit "schwingendem Rhythmus" *) dar.
Damit sind Verse gemeint, die im Rahmen eines Gedichtes entweder nur aus Versfüßen "u-" (Jamben) oder aus "-u" (Trochäen) gebaut sind. Sie dürfen sich zur  Vermeidung von Eintönigkeit aber darin unterscheiden, dass ein z. B. 5-füßiger jambischer Vers 10 ODER 11 (= übervollständig) Silben haben kann, ein 5-füßiger trochäischer Vers aber 10 ODER 9 (= unvollständig) Silben hat.
Hier kommt es uns NUR auf den Rhythmus über die ganze Länge eines Verses an, und der setzt mit "u" oder "-" im 1. Vers der 1. Strophe (!!!) ein, prägt aber das ganze Gedicht. In sämtlichen Versen setzen alle Verse gleich ein und wechseln sich in ihrem Betonungsverhalten ständig und fortlaufend über den ganzen Vers hinweg ab – sie "schwingen"!

Zwei Beispiele für Paarreimer im schwingenden Rhythmus; ihre inhaltlichen Aussagen finden sich in den abschließenden Lehrbeispielen wieder:

Er kommt in sein Lokal hereinspaziert  
und hört, er werde umgehend platziert.
u-u-u-u-u-
u-u-u-u-u-

Kreuzung gleichberechtigter vier Seiten
kann recht argen Kopfschmerz dir bereiten.
-u-u-u-u-u
-u-u-u-u-u


Solche Paarreimer kann man "reihen", also hintereinander schreiben, aber jedes Paar sollte einen abgeschlossenen Gedanken beinhalten und NICHT im folgenden Paarreimer weitergeführt werden.
Praktisch folgt daraus, dass ein Gedicht ENTWEDER aus beliebig vielen, aber einzeln paargereimten Zweizeilern besteht ODER aus beliebig vielen Paarreimern, die als ein Haufen aufeinander folgen (es gibt Autoren, die bis zu 100 Paarreimer "anhäufen". Man kann auch mehrere und unterschiedlich lange Haufen zum Gedicht zusammenschließen, wie es im zweiten Beispiel versucht wird.

Speisekarte (Lehrgedicht, jambische Paarreimer) **)

Der Sapiens kocht nicht, er geht einfach essen
und darf daher das Trinkgeld nicht vergessen!

Er kommt in sein Lokal hereinspaziert
und hört, er werde umgehend platziert.

So sitzt er zwar recht schnell auf einem Platz,
doch mit Bedienung geht es nie ratz-fatz.

Die Speisekarte liest er rauf und runter:
die wird an Blumigkeit auch immer bunter.

Warum lässt man Kartoffeln völlig weg,
und brät statt Bauernfrühstück Ei mit Speck?

Ein Eisbein nur mit Rettich, statt mit Kraut,
ist auch nicht das, was man begeistert kaut …

Die "Soße AN den Böhnchen" – das will meinen,
dass keine Bohnen DURCH die Soße scheinen.

Und endlich "Früchte aus dem Mittelmeer" –
wo schon die Medien warnen vor Verzehr.

Da würde Sapiens ja das Bier noch schal,
so lange dauerte die Speisenwahl!

Für heute gibt es drum nur mal ein Schnäpschen,
für die Bedienung – das gewohnte Kläpschen.
u-u-u-u-u-u
u-u-u-u-u-u

u-u-u-u-u-
u-u-u-u-u-

u-u-u-u-u-
u-u-u-u-u-

u-u-u-u-u-u
u-u-u-u-u-u

u-u-u-u-u-
u-u-u-u-u-

u-u-u-u-u-
u-u-u-u-u-

u-u-u-u-u-u
u-u-u-u-u-u

u-u-u-u-u-
u-u-u-u-u-

u-u-u-u-u-
u-u-u-u-u-

u-u-u-u-u-u
u-u-u-u-u-u


An der Kreuzung kreuzt sich der Verkehr –
Anlass gibt das zu so manchem her!

Kommst du an die Kreuzung, siehst du bald
vor dir einen ganzen Schilderwald.
Ziemlich einfach ist Verkehr im Kreise
nur die Einfahrt fordert Handlungsweise.
Denn der Kreisel ist ein guter Leiter:
bist du drinnen, fährst du richtig weiter.

Kreuzen Haupt- und Nebenstraße sich,
wird es ohne Ampel ärgerlich.
Biegst du gar zur rechten Seite ab,
schaufle nicht dem Radfahrer ein Grab!

Kreuzung gleichberechtigter vier Seiten
kann recht argen Kopfschmerz dir bereiten.
Freie Fahrt scheint dir an diesem Knoten –
höchste Vorsicht wär vielmehr geboten.
Gibst noch einmal Gas – da kommt von rechts
noch so eine Karre mit Gekrächz.
Eh man's glaubt, sind alle Seiten dicht:
jeder schimpft den andern "Bösewicht".
-u-u-u-u-
-u-u-u-u-

-u-u-u-u-
-u-u-u-u-
-u-u-u-u-u
-u-u-u-u-u
-u-u-u-u-u
-u-u-u-u-u

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-u-u-u-u-u
-u-u-u-u-u
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-u-u-u-u-
-u-u-u-u-
-u-u-u-u-

© elbwolf, 26.06.2019
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*) Dieser Begriff "schwingender Vers" steht in keiner Verslehre; mir aber hat er anfangs geholfen, ihn klar von anderen Rhythmusarten unterscheiden zu lernen.

**) Beide Beispiele entstanden auf Anregung durch Paarreimer in einer parodistisch geprägten Vorlage: "Das letzte Mahl mit der Geliebten", Hrsg. Rainer Kirsch, Manfred Wolter im Eulenspiegel Verlag, 1975;

-       -                 Speisekarte nach S. 113: Richard Leising, "homo sapiens":
         "Der Mensch lebt nicht von Brot allein
          Er will auch sein Rettich und Eisbein.     (skurril gereimt & rhythmisiert!)

-      -                Kreuzverkehr nach S. 124: Wolfgang Tilgner, "Reiseerinnerungen eines Normalbürgers":
         "also frage ich euch dreist
         wozu ist man weltgereist?"                      
(sarkastisch abgehandelt)

Freitag, 21. Juni 2019

Machs mit Besonnenheit

Statue der Besonnenheit (Prudentia) auf dem BNP-Gebäude in Paris (Ausschnitt),
Großbank BNP Paribas, in der Rue Bergère, 9. Arrondissement von Paris,
/ Architekt Édouard Corroyer (1835-1904), erbaut 1878-81 /
Foto+©: GFreihalter, 25.02.2017; via wikimedia; Liz.: CC BY-SA 3.0

Machs mit Besonnenheit

Wie handelt doch ein Mensch oft unbedacht
und eilt und hetzt tagtäglich unbesonnen;
noch eh ein neuer Tag hat recht begonnen,
scheint seine Sache ihm im Kopf vollbracht.
Nun muss er eilen, denn es gibt zu tun …
und keine Zeit verbleibt um auszuruhn.

Ganz impulsiv beginnt er dieses Werk,
Minuten zählt er nicht, erst recht nicht Stunden;
die Arbeit ist an einen Zweck gebunden –
nur darauf richtet er sein Augenmerk.
Getrieben – was er alles muss verrichten
und wo er dies und jenes hat zu schlichten.

Ach wüssten wir das Leben hochzuschätzen!
So jagen wir durch vorgegebne Zeiten.
Wie wärs, wenn uns ein Wahlspruch würde leiten,
getrost auf Moglis Bär Balu*) zu setzen?
Los gehts: Versuchen wir Besonnenheit –
ob sie uns von der steten Hast befreit?

© lillii (Luzie-R), Juni 2019
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*) Eine Anspielung auf Kiplings Dschungelbücher, wo Mogli sich in die Gefahren des Dschungels begibt. Dort trifft er den unbekümmerten Bären Balu, der den sorglosen Mogli adoptiert und sein Lehrer in Sachen Gemütlichkeit (!) wird [nach wikipedia].

Während Gelassenheit den emotionalen Aspekt betont, bezeichnet Besonnenheit die überlegte, selbstbeherrschte Gelassenheit, die besonders auch in schwierigen oder heiklen Situationen den Verstand die Oberhand behalten lässt, also den rationalen Aspekt (lat.: Prudentia) innerer Ruhe [nach wikipedia].

Montag, 17. Juni 2019

Schillers "Göttinnen der 7 Künste"/3: Malerei

Alphonse Mucha (1860-1939): La Peinture (Malerei), 1898 Série Les Arts
(Oeuvre présentée dans l'exposition Mucha au musée du Luxembourg à Paris)
Urheber/Abb.: Jean-Pierre Dalbéra, Paris; via wikimedia.commons; Liz.: CC BY 2.0

Die Schutzgöttinnen der Künste sind in der griechischen Mythologie
die olympischen Musen: 9 an der Zahl, wie von Hesiod überliefert;
 dargestellt z. B. im Musen-Peristyl des Achilleion auf Korfu (~1890).
Betrachtern fällt auf, dass unter diesen neun die bildenden Künste fehlen,
 aber Astronomie, Geschichte sowie 4 literarische und 3 musikalische Gattungen
 vertreten sind! Auch Friedrich Schiller verließ das alte Muster und benennt in der
 "Huldigung der Künste" (1804) als "der Künste Schar des Schönen" und Göttinnen:
 Architektur, Skulptur, Malerei, Poesie, Musik, Tanz und Schauspielkunst.

            
Schillers "Göttinnen der 7 Künste"/3: Malerei

Die leere Fläche sieht sie. In den Händen:
Palette und der Pinsel sind bereit.
Wann aber strahlen Farben von den Wänden?
Wann ist der dichte Bilderschmuck so weit?
Die Göttin muss Gesehnes neu erwecken –
die Felswand vor ihr ist noch blanker Stein,
den bald lebendige Gestalten decken,
so voll Bedeutung, wie in einem Schrein.
Der Weg seitdem ist gar kein Einerlei:
die Göttin stiftet manche Streiterei!

Welch Werkzeug dürfte denn die Kunst verwenden?
Wie stellt sie dar die menschliche Gestalt?
Das Ferngelegne lassen, nicht vollenden,
dafür am Nahen zeigen den Gehalt.
Sind Bilder Zeugnisse, was einst gewesen –
verklären etwa die Vergangenheit?
"Die Göttin" lässt nicht in der Zukunft lesen,
verschont "den Künstler" aus Bescheidenheit.        
So steht die Malerei vor dem Probieren –
Experiment gilt mehr ihr als Studieren.

© elbwolf, 16.06.2019
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• Der Verfasser dieses Versuchs ist sich sehr wohl bewusst, dass man zwar die Schiller'sche Metrik aus der "Huldigung der Künste" nachbilden kann, dass aber niemand Schillers Wortgewaltigkeit und die Tragweite seiner Worte erreichen könnte – und bittet daher um Nachsicht.

• Die hier zugrundeliegende Strophe aus Schillers "Huldigung der Künste" weist eine Besonderheit auf, die der Verfasser durch eine Anfrage im Goethe- und Schiller-Archiv Weimar zu klären versucht.

Donnerstag, 13. Juni 2019

Ballade-7: Ex Oriente Lux (Heliane Meyer a. G.)

Denkmal der römisch-deutschen Kaiserin Theophanu – Eschwege, Marktkirche
Foto+©: Gunther Falchner, 21.06.2014; via wikimedia; Liz.: CC BY.SA 3.0

EX ORIENTE LUX
Ballade

Der Segler trug westwärts gar kostbare Lasten:
Die Nichte des Kaisers; in Kisten und Kasten
mit Sorgfalt verpackt, ruhten Öle, Essenzen,
Geschmeide, Damaste mit herrlichem Glänzen.

Der Onkel versprach sie dem Kaiser im Westen.
Die Schöne, Gebildete, ohne Gebresten,
erreichte mit Folgschaft das Land der Ottonen,
um neben dem Kaiser im Großreich zu thronen.

Die Ehe war glücklich, es gab wieder Frieden,
erfüllt wurden Wünsche im Reiche hienieden,
und als der Geliebte kam jung schon zum Sterben,
da musste die Frau seinen Kaiserthron erben.

Sie herrschte mit Weitsicht und mildem Verstehen,
war über die Grenzen sehr gerne gesehen,
vergab voller Liebe die kleineren Sünden
und sorgte sich stets um des Volkes Befinden.

Ihr Vorbild erhellte die düsteren Zeiten,
mocht Künsten und Wissenschaft Wege bereiten.
Wir können noch heute die Spuren betrachten,
die Schönheit ins glanzlose Abendland brachten.


© Heliane Meyer
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Zur geschichtlichen Einordnung:
Otto I. der Große (936–973, davon ab 962 als Kaiser) verheiratete 972 seinen Sohn und Thronfolger Otto II. (Mitkönig 963, Mitkaiser 967, Alleinherrscher 973–983) mit Theophanu, einer byzantinischen Prinzessin (Nichte des oströmischen Kaisers Johannes I.) Theophanu übernahm von 983 bis 991 die Regentschaft für ihren Sohn Otto III., der 996 Kaiser wurde. In der Herrscherfolge des Kaiserreichs zwischen Otto II. und Otto III. war sie eine der einflussreichsten Herrscherinnen des Mittelalters.

Sonntag, 9. Juni 2019

Juni – ein Monatsbild

Hans Thoma (1839-1924): Juni (Monatsbild aus dem Festkalender)
Mappenwerk, Seemann Verlag Leipzig; via wikimedia.commons; gemeinfrei.
  
Rosenmond

Als Jovis-Zeus der Juno gab sein Wort,
da brachen ringsum alle Rosen auf –
die Rosenblätter regneten zuhauf,
doch ist die Götterwelt der Ausgangsort.
Der Junimond, in seinem stillen Blau,
beugt sich zur Erde nieder, schau doch, schau!

Im Juni, der auch Rosenmond genannt,
steht die Natur in voller Blütenpracht:
die Knospen springen auf fast über Nacht.
Sein blaues Band hat Juni ausgespannt.
Die Sonne sendet warme Sonnenstrahlen
und das umsonst, nicht einer muss sie zahlen.

Im warmen Licht vorm Haus die Kinder toben,
die Menschen treibt es aus den Häusern raus:
ein riesengroßer Wiesenblumenstrauß
schmückt nun den Tisch: man hört die Hausfrau loben.
So manches Schwätzchen hält man nun im Freien,
das stärkt Gemeinschaft, wird sie nicht entzweien.

Manch Liebespaar tauscht heiße Küsse aus;
doch oft ist Küssen für sie nicht genug;
entdecken sich im eignen Höhenflug.
Vergessen Zeit und Raum im Sturmgebraus.
Wann immer Jovis, Juno sich begegnen,
dann lassen sie die Rosenblätter regnen.

© lillii (Luzie-R)
Juni-Statue mit Rosenstrauß
Trauzimmer, Haus des Gastes, Diesbar-Seußlitz b. Meißen
 (Foto&©: elbwolf, 09.06.2019)

Mittwoch, 5. Juni 2019

O heilige Einfalt (mit 'verseschreiber' a. G.)

O heilige Einfalt – 
selbstkritisch zum eigenen Bildnis

Da sitze ich und muss ein wenig grinsen,
weil keiner sieht, auf was ich grade schau,
doch griene ich, weil ich mich etwas trau
und hoff, es ginge nicht gleich in die Binsen!

An vielen Lebenstagen gibt’s nur Linsen,
im Magen fühlt man sich ein wenig flau;
ist dann der Himmel auch noch dunkelgrau,
erscheint die Welt als Konto ohne Zinsen.

Ich sitz ja aber fest auf dieser Bank,
und dass ich grinse, ist mir sehr bewusst:
ich sag dem Schicksal nämlich meinen Dank.

Natürlich hätte ich das nicht gemusst,
doch ward ich achtzig grad an jenem Tage –
ob an die neunzig ich mich wirklich wage?


© verseschreiber (30.05.2019)
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Wir vom Versbildner stellen heute unseren geschätzten Leserinnen und Lesern
einen Gast vor, der  Verse nicht nur als Hobby schreibt, sondern sich diese
Bezeichnung an anderer Stelle auch als Pseudonym gegeben hat. Ein bisschen
Überredung unsererseits hat es diesmal schon gebraucht, aber gelegentlich
werden wir wieder auf ihn zählen können.

Samstag, 1. Juni 2019

Kalenderblatt 06/2019 (Dietmar Kunze als Gast)



Juni / Hohlweg, oberhalb des Strakengrundes

Das Motiv gibt in Andeutungen, der Bildausschnitt des Titelblattes ist begrenzt, einen Teil des Spazierweges zwischen Strakengrund und dem "Haus in der Sonne" wider. Der Weg ist, von oben kommend, anmutig geschwungen, links fällt der Blick über einen terrassierten Hang hinunter zum ehemaligen Bilz'schen Sanatorium und über die Stadt Dresden. Rechts entdeckt man ehemalige Weinterrassen, welche seit der Reblauskatastrophe nicht wieder aufgerebt wurden - entsprechende Hinweistafeln belehren uns darüber, wie die Natur sich das Ihre zurückerobert. Geheimnisvoll knickt der Weg in Folge nach rechts unten ab und führt dann, wenn auch etwas steil, hinab zur Weinbergstraße (Hohlweg). Die dargestellte Baugruppe folgt in ihrer Geschossigkeit dem stark abfallenden Hang. Die Frage hat mich in der Vergangenheit immer bewegt: wie haben früher die Anwohner ihre Kohlen bekommen? und: Wo hat das Kohlenauto gewendet, denn unten ging's nicht weiter - bis zu dem Zeitpunkt, als ein Heilsbringer eine Straße hat bauen lassen. Also: heute ist das Problem geklärt, keine Frage mehr, zumindest für das Kohlenauto, falls noch jemand mit Kohlen heizt
Architekt Dr. Dietmar Kunze, Radebeul
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Das Team von "versbildner.blogspot.com" bedankt sich beim Künstler und Autor für Original­zeichnung und begleitenden Text sowie bei der Redaktion der Radebeuler Monatshefte "Vorschau & Rückblick" für die Vermittlung dieser Zusammenarbeit. Das hinzugenommene Farbfoto zeigt nicht nur die bloße – manchmal sogar wenig romantische – Realität, sondern vermittelt eine Vorstellung von Auffassung und Abstraktionsvermögen des Künstlers, das Typische und Wesentliche seines Motivs wiederzugeben.
Foto (Detail): Jbergner, 17.09.2014: Radebeul-Wahnsdorf, Hohlweg, Teilstück in Wahnsdorf, Blick nach Osten zum Straken; via wikimedia.commons, Liz.: CC BY-SA 3.0 de
Das beigefügte Gedicht "Durch diese hohle Gasse …" hat zwei Strophen aus vollständigen jambischen Fünffüßlern mit Schweifreimung.

Unser Blog stellt Besuchern das aktuelle Kalenderblatt ab jedem Monatsersten zur Verfügung. Interessierte können es sich nach Umkopieren auf zwei A4-Seiten Word (die Seitenränder sind dabei an allen Seiten auf 2 cm einzustellen) im Duplexdruck auf ein A4-Blatt herausdrucken.
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Kalenderblatt 06/2019 auf "Versbildner" mit Dietmar Kunze als Gast