Hier schreiben Hobbydichter für Lyrik-Freunde – meist Gereimtes und nur Druckreifes! Willkommen also, viel Vergnügen mit unseren Gedichten und deren Bebilderung!

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Bereits seit Jahresbeginn bringen wir neue Folgen an Kalenderblättern und Monatsbildern. Darum herum dann das, was sich an Einfällen so ergibt – man wird sehen! Nun ja, was man auch sieht: wir "unterschlagen" seit einer ganzen Weile auch einen gewissen Anteil an sanfter Erotik nicht länger - die Zeiten sind eben so ...

Wir teilen den Lesern unseres Versbildners mit und bitten um Verständnis, dass wir auch weiterhin das monatliche Angebot auf 6 Beiträge beschränken - die Kontaktarmut dieser Zeit bringt leider auch eine gewisse Ideenarmut mit sich. Neueinstellungen erfolgen damit um die Kalendertage des 1., 6., 11., 16./17., 21./22., 25.-27. eines Monats.

Montag, 26. April 2021

Hanebüchene Physik-4: Elastischer Stoß (mit Manfred Albert a. G.)

Verhalten des Kugelstoßpendels beim elastischen Stoß.
Urheber: DemonDeLuxe (DominiqueToussaint), 08.08.2006; Liz.: CC BY SA 3.0;
"Picture of the day on May 29, 2007"; via Wikimedia Commons.
Link auf die deutsche Fassung des Wikimedia-Beitrags

 

Die wundersame Vielfalt
        des elastischen Stoßes

Das obre Spiel zeigt man an jeder Schule;
mit Münzen imitiert man es zu Haus;
der Profi kickt sein Billardspiel im Poole
und macht ganz ausgefallne Sachen draus.

Lässt oben man die rechte Kugel schwingen,
bewegt sich nur die linke schnell hinweg;
die andern bleiben stur so, wie sie hingen –
und umgekehrt gehts auf den Rückwärtsweg.

Die rechte Münze schnipst man an die Reihe,
wo sie nur links die setzt sogleich in Marsch,
die sagt noch "während ich mich nun befreie,
da bleibt ihr andern liegen A… an A…!"

Der Billardprofi ist ein Kapitän:
die Kugel stößt er oben an, juhu,
dann rollt sie gradeaus, ganz souverän;
stößt er von unten, rollt sie auf ihn zu.

© Manfred Albert a. G.

Elastischer Stoß mit Münzen (Foto: W.H., 26.04.2021).
Beginn rechts: separat liegende Münze-1 wird geschnipst;
Ende links: Münze-1 "angedockt"; hat Impuls vermittelt und Münze-5 abgestoßen;
Münzen 2, 3 und 4 haben sich nicht von der Stelle gerührt!

 

Der deutsche Poolbillardspieler Oliver Ortmann auf der Poolbillard Europameisterschaft
im deutschen Willingen, August 2008; via Wikimedia Commons; Liz.: CC BY 3.0

Mittwoch, 21. April 2021

Monatsbild April: Es blüht schon

Foto: © Die Verfasserin                

        

Es blüht schon …

April, er ist bekannt für seine Launen –
kommt morgens er mit hellem Sonnenschein,
kann es des Mittags heftig donnern, blitzen.
Doch eines setzt mich immer in Erstaunen:
die Blumen blühen schon am Wegesrain;
mein Frühlingsstrauch erblüht bis in die Spitzen.
Wer bleibt noch sitzen,
wenn Sonnenschein berauscht wie süßer Wein?
Er ist zwar launisch – macht stets was er will;
so ist‘s im vierten Monat – im April.

© Luzie Rudde

Freitag, 16. April 2021

Liebessehnsucht–2/3; Liebe mit fünfzehn (L. Winrich a. G.)

Lovis Corinth (1858-1925): "Großmutter und Enkelin" (1919).
Niedersächs. Landesmuseum Hannover; via Wikimedia Commons; gemeinfrei
.

  
Liebe mit fünfzehn
(Gedanken zwischen Enkelkind und Großmutter)

Was weiß ich wirklich von der Liebe?
Nur das, was in den Büchern steht. –
Liebt nur die Jugend, nicht das Alter?
Wie liebt man, wenn die Zeit vergeht?

Wann ist die Liebe nicht mehr Liebe,
Wann ist Gefühl nur kalter Hauch?
Wann bleibt die Liebe auf der Strecke,
Erstarrte Glut, verwehter Rauch?

Ich höre, lese, frage, schaue,
Bin von der Antwort weit entfernt.
Das 'Schmetterling im Bauche' fühlen
Hab ich bis heut noch nicht gelernt.

Das Lieben muss man sorgsam üben,
Nicht überstürzt und mit Respekt;
Gefühl ist eine zarte Pflanze,
Die sanft von einem Kuss geweckt.

Grad so beschreiben es die Dichter.
Noch kenn ich nur die Theorie.
Doch ich will ehrlich lieben lernen
Und nicht nur in der Fantasie!

Will mich nicht vor der Liebe fürchten,
Will leben lernen mit Verlust.
Aus vollem Herzen will ich geben,
Der Liebe immer ganz bewusst.

© L. Winrich (a. G.)

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Anmerkung:
Die im März begonnene kleine Gedichtereihe von L. Winrich führen wir in den beiden Monaten April und Mai hier fort.
Die vierzeiligen Strophen dieses Gedichts sind vierfüßige Jamben in Wechselreimung.

Sonntag, 11. April 2021

Gehd off Säggsch allemol!

Christian Friedrich Boetius (1706-82):
"Joseph Fröhlich (1694-1757), Hofnarr Augusts des Starken", (1729).
Bildindex der Kunst und Architektur, Objekt 00241857; via Wikimedia Commons.

 

Was sich deutsch kaum sagen lässt,
        gehd off Säggsch allemol!

Was – südlich von Berlin gesehn – man heute spricht,
ist ein Idiom, kein Schule-Deutsch – äh! niemals nicht:
off Säggsch, nu gloobd mersch, dischgeriern-se dorde.

Als mich das Schicksal einst in dieses Land verschlug,
wo ich in einem fort in Andre Löcher frug,
"da haddch beschdimmd bloß Drägg in Läffln", oi-a!

Den Sozialismus hielt hier spät in seinem Lauf
dann doch noch jenes Paar aus Ochs und Esel auf;
ne Menge Borzellahn hamm-se zordepperd!

Doch erst in dieser jetzt präsenten Pandemie
da ahnt man plötzlich eins, man ahnte es SO nie:
mer Saggsn schdehn nich fessde im Gewiehle!

Der Wettlauf zwischen dritter Welle und Geimpf
gerät mit jedem Tage immer mehr zum Schimpf.
Werd Baiern nu bei Buddien Schbuddnik koofn?

Einst sagte unser König, wie man noch gut weiß,
ihn machte damals Durcheinander auch nicht heiß:
"Nu, machd doch eiern eechnen Drägg alleene!"

Un nassauern duhn Schbuddnik mer ä Baiern!

elbwolf (W.H., 10.04.2021)

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Bemerkungen:

○ Zu "Säggsch – Hochdeutsch" siehe:
 https://www.dw.com/de/s%C3%A4ggsch-hochdeutsch/a-4246187 

○ "Sächsisch an sich" ist eine Fiktion: die vier Regionen Vogtland, Erzgebirge, Meißen und die Lausitz haben unterschiedliche Mundarten.
Einige Regeln der Aussprache lassen sich verallgemeinern, was z. B. für Endreime von Bedeutung ist:

~ig → ~isch (auswendig)
auf~  ~off/~uff (aufmachen)
ei → ee (einfach usw.; viele Abweichungen!)
einfaches e → ä (Leben)
i → ä (z. B. in Stirn)
kurzes ü → i (hübsch)
langes ü → ä (würzen; Abweichungen!)
ö → ee (Möhre)
ver~ → for~ (vergessen)
Verben auf ~en → ~øn (auflesen → ufflasn)
z/tz → ds (Blitz)
zer~ → zor~ (zerstreuen)
u.v.a.m.

Dienstag, 6. April 2021

Erinnerung – Sehnsucht

Heinrich Vogeler (1872-1942): Sehnsucht (Träumerei), ~1900; Privatbesitz.
Foto: Künstlerkolonie Worpswede 2011; via Wikimedia Commons; gemeinfrei.

 

Erinnerung – Sehnsucht

Seit jenem frühen Morgen auf dem Turm
bist Du ein Teil von mir in einem Traum –
als ein Geschenk, das mir im Wirbelsturm
des Lebens steten Halt gibt ­– wie auch Raum;
das manches Ungemach hilft zu vermeiden,
denn schon Gelassenheit hält fern das Leiden.

Der Sonnenaufstieg, den wir staunend schauten,
wird so bestimmt kein zweites Mal geschehn!
Wir hatten Mut, weshalb wir uns wohl trauten –
für kurze Zeit auch beieinand' zu stehn.
Dies Eingebundensein im Lebenskreise
ist wie ein Zauber: zärtlich, friedvoll, leise.

Ich schöpfte Kraft aus dieser kurzen Zeit
fürs Weiterleben, denn ich spürte Liebe,
die über allem steht; die Sicherheit
verleiht und stärkt im lauten Weltgetriebe.
Wie jedes Leben wird auch meines enden –
will mich bemühn, davon nichts zu verschwenden.

© Luzie Rudde

Donnerstag, 1. April 2021

Unser Gast: Erika Müller-Pöhl mit Buchgrafik/4


  © Erika Müller-Pöhl: Buchillustration zu Rainer Hohberg: 'Das Kleeblatt',
aus: Schachtelhälmchen – Pflanzenmärchen aus aller Welt, ehem. Postreiter-Verlag, 1987; S. 77.

Pflanzenmärchen: Das Kleeblatt

Er kam zu spät. Zwar konnte er sein Schiff noch sehen, aber es befand sich bereits auf hoher See.
Ziellos irrte er durch die fremde Stadt … so gingen Tage, Wochen, Monate dahin. Einmal legte ein Schiff im Hafen an und brachte eine Nachricht mit: "Oh ja, es war ein stolzes Schiff mit einer goldenen Seejungfrau am Bug. Doch gegen einen Orkan ist halt kein Kraut gewachsen. Kein Mann hat dieses Unglück überlebt."
Unser Mann verstand nicht gleich. Wie-
der und wieder ließ er sich alles erzäh-
len, er lachte und weinte dabei zugleich. Schließlich öffnete er mit zitternden Hän­den seinen Gürtel, fingerte das längst vertrocknete Kleeblatt heraus. Er zeigte es herum und erzählte den Anwesenden seine Geschichte.                  /Auszug/

Das Glück lässt warten        /© W. Herrmann/

Da war ein Mann, von Missgeschick erdrückt.
Sein Glück musst' er darum woanders zwingen –
wo es drauf wartete, dass er es pflückt! 

Zum Hafen ließ er seinen Seesack bringen
und nahm das Schiff, auf dem die Meermaid thront. 
Dort wollt' auf große Fahrt er sich verdingen.  

Spazieren bis zur Abfahrt ... ungewohnt:
ein Kleeblatt nahm des Mannes Blick gefangen,
eins mit vier Blättern, das mit Glück belohnt!
 

Er brach es heimlich, doch die Wächter zwangen
ihn zum Verhör. Zwar kam er wieder frei –
zu spät, um auf sein Schiff noch zu gelangen. 

Er blieb am Ort, ihm war's nun einerlei.
Nach Zeiten brachte dann ein Schiff die Nachricht:
im Sturm ging jenes Segelschiff entzwei.
Verdorrt das Kleeblatt – aber welche Umsicht!


Anmerkungen:
Unseren Gast, die Buchgrafikerin Erika Müller-Pöhl, hat der 'Versbildner-Blog' bereits Mitte Januar vorgestellt – Vita, grafisches Werk, Bibliografie sowie den Buchumschlag zu den beiden Novellen 'Carsten Curator' und 'Der Herr Etatsrat', im I. Quartal 2021 hier gezeigt.

Unter ihren buchgrafischen Arbeiten hat Erika-Müller-Pöhl die zur Ausgestaltung von Rainer Hohbergs 'Schachtelhälmchen – Pflanzenmärchen aus aller Welt" besonders liebevoll ausgeführt und ihnen auch hier unter den Kalenderblättern einen größeren Raum einräumen wollen. Sintemal (um ein der Vergangenheit verhaftetes Wort zu verwenden) es sich um eine Edition des Hallenser Postreiter Verlags handelte, der noch 1994 – wie zum Hohn – mit dem Kinderbuchverlag "fusionierte", ehe seine Erdenspuren gänzlich verschwanden.
Die Geschichte um das Kleeblatt ist dabei gar nicht so außergewöhnlich! Wie oft hat man schon gehört, dass ein Reisender sein Flugzeug oder seine Bahn verpasst hat und dann erfahren musste, dass das Schicksal wieder einmal ein Verkehrsmittel "mit noch freien Plätzen" nicht bis ans Ziel (modern: bis zu seiner Destination) gebracht hatte …

Die Verse, in die die lyrische Hälfe dieses Kalenderblattes gegossen ist, sind Terzinen; s. Stummer S. 76/77.                                                                                                                                                                              /elbwolf al. W.H./