Hier schreiben Hobbydichter für Lyrik-Freunde – meist Gereimtes und nur Druckreifes! Willkommen also, viel Vergnügen mit unseren Gedichten und deren Bebilderung!

Aufrufe unseres Blogs erfolgen automatisch mit Sicherheitsprotokoll "https". Am 18. Mai 2022 hatten wir unseren 600. Beitrag in den Blog gestellt!

Bereits seit Jahresbeginn bringen wir neue Folgen an Kalenderblättern und Monatsbildern. Darum herum dann das, was sich an Einfällen so ergibt – man wird sehen! Nun ja, was man auch sieht: wir "unterschlagen" seit einer ganzen Weile auch einen gewissen Anteil an sanfter Erotik nicht länger - die Zeiten sind eben so ...

Wir teilen den Lesern unseres Versbildners mit und bitten um Verständnis, dass wir auch weiterhin das monatliche Angebot auf 6 Beiträge beschränken - die Kontaktarmut dieser Zeit bringt leider auch eine gewisse Ideenarmut mit sich. Neueinstellungen erfolgen damit um die Kalendertage des 1., 6., 11., 16./17., 21./22., 25.-27. eines Monats.

Mittwoch, 26. Mai 2021

Hanebüchene Physik-5: Eierkochen – mit der Sanduhr (mit Manfred Albert a. G.)


  Eierkochen – mit der Sanduhr

Vor langer Zeit man schon erfand
die Uhr, die Zeiten misst mit Sand!
Der Pharao hat ihrer zwei:
die VIER für vier, die DREI für drei
genauest messbare Minuten.
Doch wie natürlich zu vermuten
hat Pharao darauf gepocht,
dass man das Ei ihm fünf-min kocht.

Jetzt rief man eiligst den Wesir,
der sagte: "Fünf-min? Mach ich Dir:
Schafft beide Uhren her zuhauf;
ein rohes Ei; setzt Wasser auf!
Das Ei wird erst nur angestochen
das Wasser bringt derweil zum Kochen,
und ich verseh mein Ehrenamt –
Minuten neun brauchts insgesamt!"

Man stürzte VIER und DREI auf Kopf,
und als bei DREI lief ab der Zopf,
da war in VIER noch ein-min drin.
Erneut setzt DREI man auf Beginn
und lässt die VIER noch völlig laufen.
Als deren Zopf dann tat verschnaufen
hielt DREI noch grad zwei-min bereit:
fürs Ei – als Kochbeginn jetzt Zeit!

Das ist der Anfang für das Maß –
die DREI alleine macht jetzt Spaß:
man packt nach Ablauf sie am Schopf
und stülpt sie letztmals auf den Kopf:
sie wird nun nochmals drei-min messen –
dann kann der Pharao s'Ei essen!
Und so ward alles eingerenkt:
klug hat Wesir den Staat gelenkt!

© Manfred Albert a. G.& elbwolf          

Freitag, 21. Mai 2021

Wenn der Sommer ...

Eigenes Foto der Verfasserin     
(zum meteorologischen Sommeranfang am 1. Juni 2021)


Wenn der Sommer sich verkündet,
Rosenknospe sich entzündet,
wer mag solches Glück entbehren?

Johann Wolfgang von Goethe     
aus: Faust II, Verse 5152-4
     

  

Wenn der Sommer
/Akrostichon, teils gereimt/

W enn der Sommer von sich kündet,
E inzug hält in der Natur,
n eu die Sonne morgens zündet,
n ährt den Himmel mit Azur –

d ann kann auch mein Tag beginnen,
e r erscheint mir wonniglich;
r uhig, leicht die Stunden rinnen.

S ieh, die Sonne scheint für Dich;
o b ich mich mal treiben lasse –
m it dem Sonnenwinde gar;
m ich mit Leichtigkeit befasse ...
e ines ist mir ganz schnell klar:
r uhig leicht die Wolken fliegen,

s chweben fort in weite Höhn,
i n die Lüfte mich zu ziehen;
C ausa! die kaum je geschehn.
H erzlich gern hätt ich auch Flügel –

v ogelgleich, dahinzugleiten ...
e insam über Tal und Hügel;
r eichlich kühn, nicht zu bestreiten.
K ritisch mahnt es mich sogleich:
ü ber alles sich erheben –
n ie könnt mir das Glück je bringen;
d ank dem HErrn darf ich ja leben –
e r lässt mich in vielen Dingen
t äglich Möglichstes erstreben.

© Luzie Rudde

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Das Akrostichon ist keine eigene Gedichtform, sondern
eine Art stilistisches Kunststück und kann als Brücke
zwischen den Strophen- zu den Gedichtformen angesehen
werden (nach Stummer, S. 106-7)

Sonntag, 16. Mai 2021

Liebessehnsucht–3/3; Allein (L. Winrich a. G.)

 
Paul Hoecker (1854-1910): "Abend" (1897).
Foto: Gerhard Becker, Neuried; via Wikimedia Commons; gemeinfrei
.
 
Allein

Ich gehe an deiner Seite –
und doch nicht mit dir.
Deine Schritte folgen meinen Spuren,
aber sie gehen ihren eigenen Weg.
Ich höre deine Worte,
doch du sprichst nicht mit mir.
Die Stille deines Schweigens
Ist unerträglich.

Die Vögel singen.
Das Gras wächst.
Die Blätter wispern.
Hörst du den Wind?
Siehst du das Blau?

Fühlst du die Hand,
die nach deiner sucht,
weil sie Halt braucht,
um sicher zu gehen
über die Stolpersteine
des Lebens,
die kantig und scharf
die Sohlen schneiden?

Keine Hand,
kein Fuß
kein Laut
kein Du,
kein Wir.

Nichts.

© L. Winrich (a. G.)

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Anmerkung:
Die im März begonnene kleine Gedichtereihe von L. Winrich haben wir in den beiden Monaten April und Mai fortgesetzt.

Dienstag, 11. Mai 2021

Gute Ratschläge – À la Heinrich Heine

Ernst Herter (1846-1917): "Die Satire" (Skulptur, 1899).
Detail vom Heinrich-Heine-Denkmal ("Loreley-Brunnen") in der Bronx, NYC.
Via Wikimedia Commons; Liz.: gemeinfrei.

 

Gute Ratschläge – À la Heinrich Heine
/mit einer kompletten Strophe aus "Guter Rat"
von Heinrich Heine, Gedichte 1853 und 1854/


1.
Kau nicht an den Fingernägeln,
mach kein griesgrämig Gesicht!
Und es wird sich alles regeln,
dass es Dir an nichts gebricht,
2.
Hast du ein paar freie Groschen
wirf der Meute sie zum Fraß;
Hauptsache, sie hält die Goschen
und hat trotzdem ihren Spaß.
3.
Rede gut von deinen Chefen
und nicht schlecht von Politik:
Ungemach wird dich nicht treffen
und auch sonst keine Kritik.
4.
Lasse dir von Klerikalen
preisen hoch das Paradies;
spiel nur leis den Radikalen,
kehre später um den Spieß!
5.
Gibt es doch mal ein Problem,
schnipp es mit den Fingern weg,
du lebst deutlicher bequem,
harrst du aus auf deinem Fleck!
6.
Hat versalzen dir die Suppe
Deine Frau, bezähm die Wut,
Sag ihr lächelnd: "Süße Puppe,
Alles was du kochst ist gut."
7.
Will sie jederzeit was kaufen –
sperr das Frauchen doch nicht ein!
Kannst derweil zur Kneipe laufen:
auch ein Bierchen muss mal sein.
8.
Lass den Rat zuteil dir werden,
und du siehst dich hochbeglückt:
nicht im Himmel – schon auf Erden
gibt es nichts, was dich bedrückt.

© elbwolf (W.H., ausgenommen die
Heinrich-Heine-Strophe;
Februar 2021)

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Kleiner Scherz:
Eine der acht Strophen ist bis aufs i-Tüpfelchen genau bei Heinrich Heine (1797 - 1856) aus "Guter Rat" (Gedichte 1853 und 1854) entliehen – aber welche? Nun ... diese hier!

Anmerkung:
Das Heinrich-Heine-Denkmal im New Yorker Bezirk Bronx, im Englischen als Loreley Fountain bezeichnet, ist ein von Ernst Herter aus weißem Laaser/Südtiroler Marmor geschaffener Loreley-Brunnen, der dem Andenken des deutschen Dichters und Schriftstellers Heinrich Heine gewidmet ist. Das Denkmal hätte ursprünglich in Heines Heimatstadt Düsseldorf aufgestellt werden sollen. Antisemitische und nationalistische Agitation im Deutschen Reich verhinderte jedoch, dass es zu Heines 100. Geburtstag im Jahre 1897 fertiggestellt und eingeweiht werden konnte. Stattdessen wurde es am 8. Juli 1899 im Beisein des Bildhauers im New Yorker Bezirk Bronx enthüllt. [Text aus Wikipedia]

Donnerstag, 6. Mai 2021

Wertungen

 
A tap dancer jumping during a performance at a concert of the
NW Fusion Dance Company, Foto: Jim Lamberson (Lambtron), 23.1.2014;
via Wikimedia Commons; Liz.: CC BY-SA 4.0

 

Wertungen

Legst du Wert auf Volkes Achtung –
tanze niemals aus der Reih.
Bist du etwa doch so frei,
spürst du schon mal auch Verachtung ...

Stelle ich mir nun die Frage:
"Ist mir guter Ruf was wert?
Lohnt es, dass ich – hochgeehrt! –
mich für die noch überschlage?"

Solltet ihr mit mir erleben,
dass ich lieber per Distanz
sichtbar aus der Reihe tanz,
bin ich grad dabei zu schweben.

Lass' zu gern die Leute schwatzen,
mich tangierts von fernher nur,
liege nicht in deren Spur.
Hört, es zwitschern laut die Spatzen.

© Luzie Rudde

Samstag, 1. Mai 2021

Unser Gast: Erika Müller-Pöhl mit Buchgrafik/5

© Erika Müller-Pöhl: Ill. zu R. Hohberg: 'Vom Bauern Ansis, der die Sprache der Bäume verstand';
aus: Schachtelhälmchen – Pflanzenmärchen aus aller Welt, ehem. Postreiter-Vlg, 1987; S. 80-91.


Pflanzenmärchen: Bauer Ansis

... da stieg der Mann – unser gutmütiger Bauer Ansis – seufzend vom Ofen herab, schulterte seine Axt und ging in den Wald. Doch jeder Baum, den er auswählte, um ihn auf Geheiß der Bäuerin zu Brennholz zu schlagen, bat ihn um Schonung – Ansis verstand seine Sprache!
Während die Bäuerin immer ungehaltener wur­de, weil das Holz ausblieb, gewann Ansis die Achtung der Waldmutter, die sich bereit erklär-te, Ersatz zu schaffen und die immer umfang-reicheren Wünsche der Bäuerin zu erfüllen. 
Doch das Maß lief über, als eine Brücke zur wärmenden Sonne gewünscht wurde. Die Frau erklomm sie auch sofort, doch in schwindeln-der Höhe über dem Meer schwankte der Steg, zer­brach und ver­sank mit der Frau.
Ansis ging in den Wald, um den Bäumen sein Leid zu klagen – doch konnte er deren im Wind säuselnde Stimmen nicht mehr verstehen.

Männer mit einer Xanthippe   /© W. H./

Nicht jedermann ist Sokrates und Weiser –
der nahm sich die Xanthippe gar zur Frau;
er meint, die würde mit der Zeit schon leiser
und stelle nicht beständig Macht zur Schau.

Doch Bauer Ansis war nicht gut beraten:
ihn hat die Seinige nur schikaniert –
sie war darin ein wahrer Teufelsbraten,
und Ansis war sehr schnell introvertiert.

Die Frau schickt ihn zum Holzschlag mit dem Beile,
doch jeder Baum hat Ansis schnell erbarmt;
die Waldesmutter sah das eine Weile
und hat den Bauern dankbar dann umarmt.

Die Bäurin wollte statt nur Holz jetzt Güter:
ein Hof, ein Herrenhaus, ein Sonnensteg –
fort war die Waldesmutter als Behüter!
Und nur die Bauernkate blieb am Weg.


Anmerkung:
Unseren Gast, die Buchgrafikerin Erika Müller-Pöhl, hat der 'Versbildner-Blog' bereits Mitte Januar vorgestellt – Vita, grafisches Werk, Bibliografie sowie den Buchumschlag zu den beiden Novellen 'Carsten Curator' und 'Der Herr Etatsrat', im I. Quartal 2021 hier gezeigt.
Unter ihren buchgrafischen Arbeiten hat Erika-Müller-Pöhl die zur Ausgestaltung von Rainer Hohbergs 'Schachtelhälmchen – Pflanzenmärchen aus aller Welt" besonders liebevoll ausgeführt und ihnen auch hier unter den Kalenderblättern einen größeren Raum einräumen wollen. Sintemal (um mal ein der Vergangenheit verhaftetes Wort zu gebrauchen) es sich um eine Edition des Hallenser Postreiter Verlags handelte, der noch 1994 – wie zum Hohn – mit dem Kinderbuchverlag "fusionierte", ehe seine Erdenspuren gänzlich verschwanden.
Die zweite Illustration in diesem Quartal schmückt die Geschichte um den Bauern Ansis. Sie erinnert den deutschen Märchenliebhaber natürlich sofort an den 'Fischer und seine Frau', die ihren biederen Mann mit immer neuen Wünschen auf Vermehrung des Besitzes schikanierte. Erfüllungsgehilfe des Fischers war der 'Buttje inne See', der sich auch ins Zeug legte – bis ihm der Wunsch der Fischersfrau, endlich auch Päpstin zu werden, zu bunt schien. Worauf der Buttje das Paar prompt wieder in seine angestammte Fischerkate zurückversetzte.
/elbwolf al. W.H./