© Erika Müller-Pöhl: Ill. zu R. Hohberg: 'Vom Bauern
Ansis, der die Sprache der Bäume verstand';
aus: Schachtelhälmchen – Pflanzenmärchen aus aller Welt, ehem. Postreiter-Vlg,
1987; S. 80-91.
Pflanzenmärchen: Bauer
Ansis
... da stieg der Mann – unser gutmütiger
Bauer Ansis – seufzend vom Ofen herab, schulterte seine Axt und ging in
den Wald. Doch jeder Baum, den er auswählte, um ihn auf Geheiß der
Bäuerin zu Brennholz zu schlagen, bat ihn um Schonung – Ansis verstand
seine Sprache!
Während die Bäuerin immer ungehaltener wurde, weil das Holz ausblieb, gewann
Ansis die Achtung der Waldmutter, die sich bereit erklär-te, Ersatz zu schaffen und die immer umfang-reicheren Wünsche der Bäuerin zu
erfüllen.
Doch das Maß lief über, als eine Brücke zur wärmenden Sonne gewünscht wurde. Die
Frau erklomm sie auch sofort, doch in schwindeln-der Höhe über dem Meer schwankte
der Steg, zerbrach und versank mit der Frau.
Ansis ging in den Wald, um den Bäumen sein Leid zu klagen – doch konnte
er deren im Wind säuselnde Stimmen nicht mehr verstehen.
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Männer mit einer Xanthippe /© W. H./
Nicht jedermann ist Sokrates und Weiser
–
der nahm sich die Xanthippe gar zur Frau;
er meint, die würde mit der Zeit schon leiser
und stelle nicht beständig Macht zur Schau.
Doch Bauer Ansis war nicht gut beraten:
ihn hat die Seinige nur schikaniert –
sie war darin ein wahrer Teufelsbraten,
und Ansis war sehr schnell introvertiert.
Die Frau schickt ihn
zum Holzschlag mit dem Beile,
doch jeder Baum hat Ansis schnell
erbarmt;
die Waldesmutter sah das eine Weile
und hat den Bauern dankbar dann umarmt.
Die Bäurin wollte statt nur Holz jetzt Güter:
ein Hof, ein Herrenhaus, ein Sonnensteg –
fort war die Waldesmutter als Behüter!
Und nur die Bauernkate blieb am Weg.
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Anmerkung:
Unseren Gast, die Buchgrafikerin Erika Müller-Pöhl, hat der
'Versbildner-Blog' bereits Mitte Januar vorgestellt – Vita, grafisches Werk,
Bibliografie sowie den Buchumschlag zu den beiden Novellen 'Carsten Curator'
und 'Der Herr Etatsrat', im I. Quartal 2021 hier gezeigt.
Unter ihren buchgrafischen Arbeiten hat Erika-Müller-Pöhl
die zur Ausgestaltung von Rainer Hohbergs 'Schachtelhälmchen – Pflanzenmärchen
aus aller Welt" besonders liebevoll ausgeführt und ihnen auch hier unter
den Kalenderblättern einen größeren Raum einräumen wollen. Sintemal (um mal ein
der Vergangenheit verhaftetes Wort zu gebrauchen) es sich um eine Edition des
Hallenser Postreiter Verlags handelte, der noch 1994 – wie zum Hohn – mit dem
Kinderbuchverlag "fusionierte", ehe seine Erdenspuren gänzlich
verschwanden.
Die zweite Illustration in diesem Quartal schmückt die Geschichte um den Bauern
Ansis. Sie erinnert den deutschen Märchenliebhaber natürlich sofort an den
'Fischer und seine Frau', die ihren biederen Mann mit immer neuen Wünschen auf
Vermehrung des Besitzes schikanierte. Erfüllungsgehilfe des Fischers war der
'Buttje inne See', der sich auch ins Zeug legte – bis ihm der Wunsch der Fischersfrau,
endlich auch Päpstin zu werden, zu bunt schien. Worauf der Buttje das Paar prompt
wieder in seine angestammte Fischerkate zurückversetzte.
/elbwolf al. W.H./
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