Foto: Stephan Czarnowski: Brocken, Sonnenuntergang (16.01.2012);
via Wikimedia Commons; Liz.: CC BY-SA 3.0
In memoriam – zum Gedächtnis
Luise Pinc geb. Seifert,
aus dem Ort Satzung (südlich Marienberg/Erzgebirgskamm)
* 15.12.1895; † 24.10.1982
Sie war zu ihrer Zeit bekannt als ″Tischer Mad″; war Tochter eines Maurers.
Sie besuchte in Satzung die Schule und arbeitete anschließend als
Hausgehilfin. 1920 verheiratete sie sich mit dem Schuhmacher Anton Pinc. Sie
schrieb Gedichte und Erzählungen in erzgebirgischer Mundart. Zu ihren
Gedichten hat sie teils selbst eine Weise verfasst, teils sind die Verse von
regionalen Liedermachern vertont worden, und sie hat mit ihren Töchtern diese
Lieder selber auf Veranstaltungen vorgetragen.
Zu ihrem 60. Geburtstag wurden Luise Pinc als „Heimatdichterin“ Ehrungen und
Anerkennungen ausgesprochen. Eine kleine Bibliographie ist im Buch ″Stimmen
der Heimat″ des Musikverlags Friedrich Hofmeister, Leipzig, 1965, enthalten. Das
Buch enthält auch zwei von Luise Pincs Gedichten, von denen eines hier in der
ursprünglichen Mundartform wiedergegeben wird; daneben ist eine hochdeutsche Nachdichtung gestellt.
Quelle: s. das angegebene Buch auf S. 159, 377, 390, 410
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Luise Pinc (1956):
Obndlied
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Nachdichtung (2024):
Abendlied
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Dr Wald is schlofen gange –
zenstrüm is friedliche Ruh,
un meine gruße Sehnsucht
deckt aah de Nacht mit zu.
Vom Dorf haar Glockenlaiten,
de Starn ziehe auf zer Nacht,
un übern Barg haar lechten
viel Lichter aus’n Schacht.
Es rüsten sich de Bargleit
derham zer nachtlichn Schicht,
Glückauf! Glückauf! mög scheine
racht hall ihr Grubenlicht.
Un hinnern Baam dr Monden,
daar guckt zun Fanster rei –
ganz ruhig ward’s in Haisel,
mei Kindel schlöft aah ei.
Mundartdichtung: Luise Pinc
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Der Wald ist eingeschlafen –
Ringsum herrscht friedlich Ruh,
und mein so großes Sehnen
deckt auch die Nacht mit zu.
Vom Dorf klingt Glockenläuten,
am Himmel Sterne stehn;
die Lichter jedes Schachtes
sind klar am Berg zu sehn.
Es rüsten sich die Bergleut
daheim zur Abendschicht
Glückauf! Glückauf! Es leuchte
recht hell ihr Grubenlicht.
Der Mond hinter den Bäumen,
der schaut zum Fenster rein –
ganz ruhig wird’s im Häuschen,
jetzt schläft mein Kleines ein.
Nachdichtung: W. Herrmann/elbwolf
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Anmerkungen:
Nachdichtung? Aber ja, denn einige Mundart-Bestandteile lauten völlig
anders als in der Hochsprache. Ein Baier oder ein Friese (nur zum Beispiel) sollen
doch nicht leer ausgehen müssen!
Insgesamt ist eine Übertragung zwischen zwei Hochsprachen (bzw. eine Nachdichtung) sozusagen ‘einfacher‘,
weil man über Möglichkeiten einer breiteren Wortwahl verfügt, als zwischen Volksmund und
Hochsprache, zumal wenn man beide Versionen – wie hier – nebeneinanderstellt
und dem Leser einen direkten Vergleich ermöglicht.
In ‘Obndlied‘ wird eine gewisse Belebung der Strophen durch immer wieder andere
Gestaltung der zweiten Verse erreicht; in der Nachdichtung sind alle vier
Strophen rhythmisch völlig gleich, was der im Text beschriebenen Ruhestimmung entspricht.
Für die Ermittlung des Sterbedatums von Luise Pinc anhand der Kirchenbücher bedanken
wir uns bei Herrn Pfarrer Freier vom Pfarramt Marienberg.
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