Hier schreiben Hobbydichter für Lyrik-Freunde – meist Gereimtes und nur Druckreifes! Willkommen also, viel Vergnügen mit unseren Gedichten und deren Bebilderung!

Aufrufe unseres Blogs erfolgen automatisch mit Sicherheitsprotokoll "https". Am 18. Mai 2022 hatten wir unseren 600. Beitrag in den Blog gestellt!

Bereits seit Jahresbeginn bringen wir neue Folgen an Kalenderblättern und Monatsbildern. Darum herum dann das, was sich an Einfällen so ergibt – man wird sehen! Nun ja, was man auch sieht: wir "unterschlagen" seit einer ganzen Weile auch einen gewissen Anteil an sanfter Erotik nicht länger - die Zeiten sind eben so ...

Wir teilen den Lesern unseres Versbildners mit und bitten um Verständnis, dass wir auch weiterhin das monatliche Angebot auf 6 Beiträge beschränken - die Kontaktarmut dieser Zeit bringt leider auch eine gewisse Ideenarmut mit sich. Neueinstellungen erfolgen damit um die Kalendertage des 1., 6., 11., 16./17., 21./22., 25.-27. eines Monats.

Montag, 16. Oktober 2017

Mundart-Verse (7) – Ein Dankeschön an unsere Autoren

Notabene: In bisher sechs Folgen haben verschiedene Autor/innen Mundart-Verse in unserem Blog "Versbildner" veröffentlicht. Der Begriff mag für Sprachwissenschaftler etwas unscharf sein – hier steht er für Gedichte, die man in solcher "Würze" nur in "Regionalsprachen" findet. Auch sind sie den formalen poetischen Auflagen durch das Hochdeutsche weit weniger (oder auch gar nicht) verpflichtet.
Um der scheinbaren Kurzlebigkeit im Internet zu begegnen, nennen wir hier unsere Autoren noch einmal in einer Zusammenfassung – jeweils auch mit einer kleinen Zugabe an Versen.
Für Unkundige, die wohl manches Mal "begriffsstutzig" sein würden, gibt es auch heute und hier die Übertragungen ins Hochdeutsche.
Den jeweiligen Originalbeitrag findet man am einfachsten, wenn das Label "Mundart-Verse" angeklickt wird; sonst klickt man im Blog-Archiv den entsprechenden Monat von 2017 an und dort dann den Titel selbst.

(1) Gisela Gesang – Rostocker Platt

 Aus: Weihnachtserinnerungen (2004):

Hüt häw ick allens bi de Hand:
kann äten, drinken wat ick will;
häw warmet Water ut de Wand;
wenn ick nich lopen mag, sit'k still.

Gisela Gesang lebt in Rostock. Ihre Gedichte und Beiträge in Platt werden von örtlichen Zeitungen und vor allem dem Warnemünder "Tidingsbringer" gern veröffentlicht. Sie wird manchmal von Leuten auf der Straße angesprochen, die ihr für den Gebrauch  des heimatlichen Platt danken möchten.
Ihr Beitrag "Mien leiwste Plag" steht unter April 2017.

(2) Ernst Blumenstein – Höchstalemannisch/Schwyzerdütsch

Aus: Weniger wäri meh (1991):

Mängmol macht's mer Angscht
well emer meh Wohlstand
d'Umwält belaschtet –
weniger wäri meh.

Ernst Blumenstein lebt in Tägerig/Reuss im Kanton Aargau – südlich vom Hochrhein. Er schreibt schon seit längerem Gedichte auf "Schwyzerdütsch", mit denen er seine Nächsten bedenkt. Er selbst führt einen Internet-Blog, stellt mit anderen zusammen alemannische Mundart-Lyrik auf eine Webseite.
Ein Gedicht und fünf kleine Bonmots stehen unter Mai 2017.

(3) Jean-Louis Kieffer – Moselfränkisch

                    Dau (prämiiert 2010)
                   
                    Eich vergehn wéi en Greiw in der Pann
                    Wenn dau mich aakuckscht.
                    Un mein Blout spruddelt von Freed
                    Wenn dau géer wellscht.
                    Et ganz Wasser von der Welt
                    Séngt in deinen Auen
                    Un dodrenn
                    Wéll eich / Ersaufen

Jean-Louis Kieffer lebt bei Bouzonville im deutschsprachigen Département Moselle. Er ist Präsident des Vereins "Gau und Griis", der für die Erhaltung der Fränkischen Sprache eintritt; selbst schreibt er seit 1985 und hat zahlreiche Veröffentlichungen sowie einen personellen Artikel in der französischen Wikipedia.
Drei Gedichte (eins davon unveröffentlicht!) stehen unter Juni 2017.

(4) Matthias Fritzsch – Westerzgebirgisch

            Aus: Wu is de Zeit bluß hie:

Im Sommer namme de Tog langsam o,
schu is dor Harbst mit bunte Blätter do.
Un viel, viel schneller als mor dachten,
hobn mir Advent un feiern Weihnachten.
Nu tut mor wieder am Gahresende stieh,
un frogt erstaunt, wu is de Zeit bluß hie.

Matthias Fritzsch lebt in Zwickau. Er begann 1992 mit dem Schreiben von Mundart-Gedichten und -Liedern sowie Kurzgeschichten und publiziert viel in Zeitungen, Heimatblättern u. a. m. Er ist im "Erzgebirgsverein e.V." aktiv, gehört der Erzgebirgsgruppe "De Rödelbachtaler" an.
Drei recht "launige" Gedichte von ihm stehen unter Juli 2017.

(5) Fred Boger – Remstaler Schwäbisch

          Aus: Goischtr – frei nach Goethes "Totentanz":
         
          Heit sen die Goischtr ao nemme dees wase scho warad
          z faul zom Laufa - wellad ao blos noh fahra!
          Schtell dai Radio ai, noo hersch scho dr Säga,
          uf dr Autobah kommt oim a Goischtrfahrer entgega!

Fred Boger stammt aus dem Remstal (BaWü), wanderte in die USA aus und erwarb an der U. of Illinois den MA-Grad. Danach lebt er in Heilbronn, von Beruf Lehrer. Dem Schreiben widmete er sich erst als Ruheständler. 1982 erschien sein Buch "Aus em Ländle" - Gedichte in schwäbischer Mundart. In der Regionalpresse ist er ein aktiver Leserbriefschreiber.
Drei Gedichte aus dem 1982er-Buch stehen unter August 2017.
Nachtrag: Am 1.12.2017 erschien in den Schorndorfer Nachrichten ein recht informativer Artikel über Fred Boger, der auch seinen Gastauftritt in unserem "Versbildner" erwähnt!

(6) Ingeborg F. Müller – Kölsch

Nit pingelich! (2017)

Em Internet, / dat wor der jet,             Do kom vörbei, / met vill Buhei,
do hatt sich ens verlaufe,                   ne Satz, däm dat jet fähle.
ne Bochstav klein,                              Flöck wie der Bletz,
stundt jetz allein                                 sprung aan de Spetz,
jenau jesaat et kleine "r" ,                   dat kleine "r" ovschüns im klor,
woss nit wohin un nit woherr.             dat die Plaatz bloß för Jroße wor.

Ingeborg F. Müller, geboren, aufgewachsen und wohnhaft in Köln. Sie ist Absolventin der "Akademie för uns kölsche Sproch" mit Kölschexamen und Kölschdiplom und gehört dem Akademie-Beirat an. Seit Mitte der '90er Jahre schreibt sie Mundarttexte und tritt auf Veranstaltungen auf; sie hat zahlreiche Veröffentlichungen.
Drei eher heitere Gedichte stehen unter September 2017.

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Unser Jahresprogramm 2017 an Mundart beschließen wir in den Monaten November und Dezember mit zwei Mundart-Dichtern, die heute nicht mehr unter uns weilen –  aus der Oberlausitz und aus Westthüringen. Die Vorlagen sind einem Buch aus dem 1992 untergegangenen Greifenverlag zu Rudolstadt entlehnt, dessen große Verdienste um die Buchkultur wir damit ebenfalls ins Gedächtnis rufen möchten.

Das Team von "Versbildner"
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Übertragung der Verse ins Hochdeutsche:

(1) Rostocker Platt
Heut hab alles bei der Hand
kann essen, trinken was ich will,
hab warmes Wasser aus der Wand;
wenn ich nicht laufen mag, sitz ich still.

(2) Schwyzerdütsch
Manchmal macht es mir Angst,
weil immer mehr Wohlstand
die Umwelt belastet –
weniger wäre mehr.

(3) Moselfränkisch
Ich schmelze wie eine Griebe in der Pfanne
Wenn du mich anschaust.
Und mein Blut wallt vor Freude
Wenn du es nur wolltest.
Alles Wasser dieser Welt
Singt in deinen Augen
Und darin / Will ich / Ertrinken.

(4) Westerzgebirgisch
Im Sommer nehmen die Tage langsam ab,
schon ist der Herbst mit bunten Blättern da.
Und viel, viel schneller als wir dachten,
haben wir Advent und feiern Weihnachten.
Nun stehn wir wieder am Jahresende
und fragen erstaunt, wo ist die Zeit nur hin.


(5) Remstaler Schwäbisch
Heut sind die Geister auch nicht mehr das, was sie schon mal waren
zu faul zum Laufen – sie wollen auch bloß noch fahren!
Stell dein Radio an, dann hörst du die Ansage,
auf der Autobahn kommt einem ein Geisterfahrer entgegen.

(6) Kölsch
Im Internet / begab es sich,         
da hatte sich mal verlaufen       
ein Kleinbuchstabe,                    
stand jetzt allein,                        
genau gesagt, das kleine "r"       
wusste nicht wohin und nicht woher.

Do kam vorbei, / mit viel Geschrei,
ein Satz, dem das jetzt fehlte.
Flink wie der Blitz,
sprang an die Spitz,
das kleine "r", obschon ihm klar,
dass dieser Platz nur für große war.

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