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Donnerstag, 21. Mai 2020

Liebe aus der Ferne (Nachdichtung)

Japanerin mit den Malen der Akupunktur.
(aus dem Forschungsbericht von Engelbert Kaempfer, erschienen postum ab 1727)

Engelbert Kaempfer (1651-1716)

gilt als der erste deutsche Forschungsreisende, war Arzt und vornehmlich Botaniker. Eine fast zehnjährige Forschungsreise (1683-93) führte ihn über Russland, Persien, Indien, Java, Siam bis nach Japan. Er sammelte zahlreiche Kenntnisse und Artefakte in diesen Regionen. Seine Schriften waren wichtige Beiträge zur frühmodernen Erforschung der Länder Asiens, prägten das europäische Japanbild des 18. Jh. und dienten selbst Anfang des 19. Jh. der Feldforschung noch als Referenzwerk. [nach Wikipedia]

Am 29.3.1691 gewährte der herrschende 5. Tokugawa-Shogun Tsunayoshi in der Residenz (dem heutigen Tokio) Kaempfer eine Audienz. Im Verlauf des Festmahls wünschte sich der Shogun allerhand praktische und künstlerische Einlagen von seinen Gästen. Als die Reihe an Kaempfer kam, stimmte der ein deutsches Liebeslied an, das er selbst zu Ehren seiner "ihm in allen Ehren treu gebliebenen Florimene" verfasst hatte und das in Stil und Sprache bis auf uns gekommen ist.
Wie aus Kaempfers weiterer Biografie ersichtlich, hat ihn sein treues Gedenken an diese Jugendliebe wohl manches Mal getröstet. Heiraten aber hat er nach der Rückkehr eine andere müssen, von der er sich nach unglücklicher Ehe scheiden ließ, um sein Leben in Einsamkeit – und im Kampf um die Drucklegung seiner Reiseberichte – zu beenden.
Da selbst der in die Buchausgabe von 1937 und in ein jüngeres Lesebuch eingegangene Liedtext in größeren Teilen nur schwer verständlich ist, wird hier eine Nachdichtung vorgelegt – in gleicher Metrik und verknappt um eine Strophe.

Liebe aus der Ferne
Nachdichtung eines Liebeslieds von
Engelbert Kaempfer (1691 oder früher)
– mit 4 statt ursprünglich 5 Strophen –

Meine angenehmste Pflicht
selbst in diesen fernen Welten,
wo ich dir nichts kann entgelten,
während mir das Herz fast bricht –
da will einen Eid ich schwören
ohne Zögern, ohne Scheu;
will auf ewig dir gehören;
bleiben dir für immer treu.

Was heißt Pflicht und was Entgelt?
Sollt' ich all das Schöne loben,
das du ließest mich schon proben
dort in unsrer Heimatwelt?
Solche Redlichkeit zu finden,
suchte ich geraume Zeit;
sie alleine könnte binden –
dieses Band tät' mir nicht leid.

Zu bezähmen meine Sucht
und dich, Engel, zu vergessen,
stürzte ich mich wie besessen
wider Willen in die Flucht.
Hindernisse, die nun scheiden,
Berge und der Flüsse Flut,
sind dabei nicht zu vermeiden –
sie befeuern meine Glut.

Hier, wo herrscht der Himmelssohn,
hier, in Chinas großem Reiche,
sah ich endlich beim Vergleiche,
welch ein Engel war mir schon!
Ach, du holde Florimene,
bleibst die einzige Begier –
so, wie ich mich nach dir sehne,
sehnst du sicher dich nach mir …

© elbwolf (für die Nachdichtung)
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● Quellen:
(1) Karl Meier-Lemgo: Engelbert Kaempfer - der erste deutsche Forschungsreisende, Stuttgart 1937, S. 176 (Abbildung; ebenfalls bei Wikimedia Commons) und S. 150/51 (Liedtext).
(2) Nylands Kleine Westfälische Bibliothek 45: Engelbert Kaempfer – Lesebuch ; zusammengestellt und mit einem Nachwort von Lothar Weiß. → S. 101/02 (Liedtext).

● Wenigstens diese halb-medizinische Abbildung einer fernöstlichen Schönheit hat uns der Forscher hinterlassen – wir würden aus heutiger Sicht das Bild einer Geisha oder einer Kurtisane aus jener Zeit wohl bevorzugen. Die Glanzzeit des japanischen Farbholzschnittes begann erst drei Generationen nach Kaempfers Japan-Aufenthalt.
Ein schönes und frühes Beispiel ist → Isoda Koryusai_Zwölf Kämpfe auf dem Weg der Liebe_(1776)

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