Hier schreiben Hobbydichter für Lyrik-Freunde – meist Gereimtes und nur Druckreifes! Willkommen also, viel Vergnügen mit unseren Gedichten und deren Bebilderung!

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Bereits seit Jahresbeginn bringen wir neue Folgen an Kalenderblättern und Monatsbildern. Darum herum dann das, was sich an Einfällen so ergibt – man wird sehen! Nun ja, was man auch sieht: wir "unterschlagen" seit einer ganzen Weile auch einen gewissen Anteil an sanfter Erotik nicht länger - die Zeiten sind eben so ...

Wir teilen den Lesern unseres Versbildners mit und bitten um Verständnis, dass wir auch weiterhin das monatliche Angebot auf 6 Beiträge beschränken - die Kontaktarmut dieser Zeit bringt leider auch eine gewisse Ideenarmut mit sich. Neueinstellungen erfolgen damit um die Kalendertage des 1., 6., 11., 16./17., 21./22., 25.-27. eines Monats.

Freitag, 11. Februar 2022

Geschichte eines Sonetts, Teil 1(2) – nach Azevedo (Übertragung aus dem Portugiesischen)


 Zur Einführung:

Zum zweiten Mal wendet sich dieser Blog dem Brasilianer Artur de Azevedo (voller Namen: A. Nabantino Gonçalves de A.; 1855-1908) zu, der mehr als ein Jahrhundert nach seinem Ableben weiter als vielseitiger und beliebter Schriftsteller gilt. Er vereinte neben zahlreichen Talenten offenbar auch diese beiden Züge in sich, die man speziell der brasilianischen Schriftstellergilde nachsagt:

-      Hang zur Erotik in der Poesie (s. "Versbildner" vom 11.6.2021!)

-      Ausschmücken eigener Erzählungen mit eigenen Versen (wie bei uns etwa in Lion Feuchtwangers Roman "Goya" zu finden).

Hier geht es um eine Erzählung Azevedos, die nicht nur den Titel "Geschichte eines Sonetts" trägt, sondern in der besagtes Sonett selbst auch "das Salz in der Suppe" ist. Dabei stellt es der Autor so raffiniert an, dass nach hundert Jahren und von fern (d. h. ohne Zugriff auf das Archiv der Brasilianischen Akademie für Literatur) wir nicht entscheiden können, was an seinem Text alles Wahrheit und was doch eher ... "Dichtung" ist.

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Ein 23-jähriger junger Mann namens Ludgero Baptista begegnet im Jockey-Club der stadtbekannten Frauenschönheit Laura Rosa, die ihr Mann, Kommandant Rosa, überallhin ausführt. Sie genießt es sehr, ständig "einen Haufen männlicher Herzen hinter sich herzuschleppen".
Ludgero bildet keine Ausnahme und verliebt – nein: verknallt – sich heftig in Laura und denkt intensiv darüber nach, wie er diesen platonischen Zustand "in eine positivere Situation bekäme".
Er, der schon seit längerem "harmlose Lyrik" verfasst, nimmt sich ein Sonett vor, mit dem er leider, vielleicht aber auch bewusst, weit über das moralisch Vertretbare hinausschießt: er nennt darin Laura beim Namen und setzt seine Initialen darunter– eine unverzeihbare Indiskretion.
Trotzdem versteht es Ludgero, der Dame seine Verse zuzuspielen. Er veröffentlicht das Sonett in den Neuesten Nachrichten einer speziellen Literaturzeitschrift und lässt Laura ein Heft vom Verlag schicken, am Kommandanten vorbei und direkt zu ihren Händen!
Danach tut sich von ihrer Seite ... rein gar nichts. Nicht einmal Nachteile ergeben sich für den erfolglosen Liebhaber, den ein ins Bild gesetzter Kommandant ja auch zum Duell hätte fordern können – nichts!
Dann beruhigt sich Ludgeros Gemüt allmählich. Statt weiter zu hoffen und es mit Lyrik zu versuchen, rüstet er sich für den "endgültigen Eintritt ins praktische Leben" und wird ein erfolgreicher Fabrikant.

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Das Sonett befand sich zwar tatsächlich in Lauras Händen, andererseits aber war es von ihr auf die sprichwörtliche lange Bank geschoben worden und damit so gut wie untergegangen. Um dieses Sonett handelt es sich:

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SÚPLICA

Desde o dia feliz em que, pasmado,
Pela primeira vez te vi, senhora,
Um sentimento no meu peito mora
Feito de angústia e feito de pecado.

Não creias que ninguém houvesse amado
Tão loucamente como eu te amo agora,
Nem mesmo, oh! linda Laura, no de outrora
Cavalheiresco tempo celebrado!

Para que finde o meu suplício airoso,
Ou me concede o mendigado beijo,
Este martírio transformado em gozo,

Ou revela ao teu dono o meu desejo:
Talvez ele me faça venturoso,
Dando-me a doce morte, enfim, que almejo!

L. B. (?)

 

FLEHENTLICHE BITTE /nach Azevedos SÚPLICA/

Seit jenem Tag, als ich voll Glück und Staunen
zum ersten Male dich erblickte, Frau,
nagt ein Gefühl an mir, dem ich nicht trau:
ich höre angstvoll ständig Sünden raunen.

Wie ich dich liebe – das sind keine Launen:
dich liebte man so nie! Ich weiß genau,
selbst wenn ich auf der Ritter Zeiten schau,
als im Turnier noch schmetterten Posaunen.

Oh schöne Laura, den erbet'nen Kuss,
den gib mir Bettler; lös' mich von der Folter
und wandle so mein Leiden in Genuss!

Erwartet sonst mich deines Manns Gepolter?
Bringt er mir dann aus lauter Überdruss
den süßen Tod – wär' mir ein sehr gewollter.

© W. Herrmann (10.02.2022), für die freie
Übertragung aus dem brasilianischen Portugiesisch

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Lieber Leser – wie hättest Du als Mann einer so begehrten Frau gehandelt?
Liebe Leserin – hättest Du das Ansinnen ignoriert, wie Laura es tat?
Das Geheimnis, wie dieses Sonett doch noch ein zweites (Sonett!) nach sich zog, lüftet der Teil 2 des Beitrags ... schon am 16.2. (und nicht erst in vier Wochen).

© elbwolf , für Nacherzählung und Gestaltung des Beitrags.

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