Für Unkundige, die gar manches Mal "begriffsstutzig" sein würden, gibt es im Fall der Fälle eine hochdeutsche Übertragung (wenn gereimt, in dabei üblichen Akzent- oder Knittelversen).
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Bouzonville (Busendorf), Dép.
Moselle, Frankreich: Niedwehr an der Abtei Heilig Kreuz 
Foto&©: Oktobersonne, 07.11.2015; Quelle: Wikimedia Commons; Liz.: CC-BY-SA 4.0  | 
Seine ersten beiden Texte folgen der Anthologie von B. J. Diebner / R. Lehr:
"Deutsche Mundarten an der Wende"; Vlg. Rhein-Neckar-Zeitung, Heidelberg, 1995.
Jeweils neben den Originalen stehen rechts die Lösungen zu diesen Rätseln!
Wierter
  for de Wolken (1994) 
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   Wörter für die Wolken  | 
 
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Eich schwätzen en Sprooch 
Déi dir im Herz né meh séngt 
Un schwätzen se doch for deich 
Eich schreiwen en Sprooh 
Déi dau nii meh lésen kannscht 
Un schreiwen se doch for deich 
Eich sammeln Wierter 
In all Heftern un Béichern 
Mét déi'n dau nii spillen kannscht 
Un sammeln se doch for deich 
Watt ich machen hatt keen Wéert 
Watt ich saan hatt keen Zweck 
Un machen un saan et doch 
For deich …  
                              Mein
  Kénd. 
De Wierter von meiner Sprooch, 
wo dau noch lesen kannscht, 
awwer Reliquien for déi, 
wo noo mir kommen. 
Indianerzeechen. 
Wierter for de Wolken. 
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Ich rede eine Sprache, 
Die dir im Herzen nicht mehr klingt, 
Und rede sie doch für dich. 
Ich schreibe eine Sprache, 
Die du nie mehr lesen kannst, 
Und schreibe sie doch für dich. 
Ich sammele Wörter 
In solchen Heftern und Büchern, 
Mit denen du nie spielen kannst, 
Und sammele sie doch für dich. 
Was ich mache, hat keinen Wert; 
Was ich sage, hat keinen Zweck, 
Und mache und sage es doch 
Für dich … 
                              Mein
  Kind. 
Die Wörter von meiner Sprache, 
die du noch lesen kannst, 
sind aber Reliquien für dich, 
die nach mir bleiben. 
Indianerzeichen. 
Wörter für die Wolken. 
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Mei
  Sprooch és en 
         
  alter Knochen … (1995) 
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Meine
  Sprache ist ein 
        alter Knochen … 
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Mei Sprooch és en alter Knochen 
Wou keen Hond meh fressen wéll. 
En fauler Appel 
Verduerf un verfress 
Verpickt un verschéss. 
Mei Sprooch fault ab, 
En drockener Baam 
Vom Méschpelter 
Erstéckt 
Gréin ohne Saft 
Ohne Bläder 
Ohne Kraft 
Mei Sprooch ès en alter Knochen 
Werf ehn wech! 
En fauler Appel, 
Of de Méscht! 
En drockener Baam, 
Hau ehn rém! 
Mei Sprooch fault ab … 
"Gott sei Dank" 
                              saan
  déi een, 
Déi annern faulen mét. 
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Meine Sprache ist ein alter
  Knochen, 
den kein Hund mehr fressen will. 
Ein fauler Apfel, 
Verdorben und zerfressen, 
Verschlissen und besudelt. 
Meine Sprache verfault, 
Ein vertrockneter Baum, 
Von den Misteln 
Erstickt, 
Grün – ohne Saft, 
Ohne Blätter, 
Ohne Kraft. 
Meine Sprache ist ein alter Knochen, 
Wirf ihn  weg! 
Ein fauler Apfel, 
Auf den Mist! 
Ein vertrockneter Baum, 
Hau ihn um! 
Meine Sprache verfault …  
"Gott sei Dank" 
                              sagen
  die einen, 
Die anderen verfaulen mit (ihr). 
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Mélchzänn (Erstveröffentlichung) 
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Milchzähne 
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Er
  schwätzt nemeh de Sprooch  
von den Alten 
Er hat se
  verluer 
Mét
  seinen Mélchzänn 
Sein
  Kénnersprooch 
Schon
  lang héer. 
En nau
  Sprooch és ehm én der Schoul 
én den Kopp gewaas 
Un nau
  Zänn én’t Maul 
Domét hat
  er én’t Lewen gebéss 
Un de
  Welt verropt. 
Geschter
  ém alten Schaff  
von der Mamma 
Engewéckelt
  én Watt hat er fonn 
Fenëff
  Mélchzänn. 
Er leit
  ém Bett 
Un om
  Naatsdésch ém Glass Wasser 
Tonkt
  sein Gebéss. 
Fenëff
  Mélchzänncher én der Hand 
Un
  neischt meh ém Maul. 
Awwer am
  Ecken von den Leffern 
Danzen
  paar Wierter –  
Déi
  passen zou de Zänncher. 
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Er spricht nicht mehr die Sprache 
der Alten Er hat sie verloren Mit seinen Milchzähnen 
Seine Kindersprache –  
Schon lange her. 
Und die heutige Sprache hat er von 
          der
  Schule an im Kopf gehabt 
Und die heutigen Zähne im Mund 
Mit denen hat er ins Leben gebissen 
Und die Welt vereinnahmt. 
Gestern, im alten Schrank  
von Mama, 
In Watte gewickelt, hat er gefunden 
Fünf Milchzähne. 
Er liegt im Bett 
Und auf dem Nachttisch im Wasser- 
          Glas
  / eingetaucht sein Gebiss. 
Fünf Milchzähne in der Hand 
Und nichts mehr im Mund. 
Aber an den Ecken der Lippen 
Tanzen ein paar Wörter –  
Die passen (noch) zu den Zähnchen. 
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