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Bereits seit Jahresbeginn bringen wir neue Folgen an Kalenderblättern und Monatsbildern. Darum herum dann das, was sich an Einfällen so ergibt – man wird sehen! Nun ja, was man auch sieht: wir "unterschlagen" seit einer ganzen Weile auch einen gewissen Anteil an sanfter Erotik nicht länger - die Zeiten sind eben so ...

Wir teilen den Lesern unseres Versbildners mit und bitten um Verständnis, dass wir auch weiterhin das monatliche Angebot auf 6 Beiträge beschränken - die Kontaktarmut dieser Zeit bringt leider auch eine gewisse Ideenarmut mit sich. Neueinstellungen erfolgen damit um die Kalendertage des 1., 6., 11., 16./17., 21./22., 25.-27. eines Monats.

Montag, 17. April 2023

Anno dunnemals gedichtet/01: Junge Frauen

Foto: David Merett (14.08.2012): The Pockett Belles at Goodwod Revival;
via Wikimedia Commons; Liz.: CC BY 2.0.


Wie hat man "anno dunnemals" gedichtet, sagen wir, in den letzten noch einigermaßen friedlichen Tagen vor dem Weltkrieg I.
Es gibt da ein "Fleißbuch" von Hans Benzmann (Hg), Moderne Deutsche Lyrik, verlegt in 2. Auflage 1907 bei Reclam Leipzig – das auf 629 Seiten 171 Dichter vorstellt, von denen auch die Jüngsten nun an die hundert Jahre verblichen sind.

Zu diesem Aufgebot zählen immerhin 24 Frauen. Insgesamt aber sind nur wenige heutzutage noch in aller Munde – sie seien hier genannt:
Dauthendey, Dehmel, Gumppenberg, Hesse, H. v. Hofmannsthal, Holz, Ricarda Huch, Else Lasker-Schüler, Liliencron, Morgenstern, Nietzsche, Rilke, Wedekind, St. Zweig. Einige der Bedeutendsten mussten allerdings aus Platzgründen zurückstehen: Storm, Keller, Fontane und K. F. Meyer.

Wie man sieht, bleiben ausreichend viele Namen übrig, an denen wir uns ausprobieren können, indem wir die Ideen ihrer lyrischen Produkte mit heutigen Worten auszudrücken versuchen – nicht ohne zumindest auszugsweise die von früher zu zitieren!

 

Ludwig Jakobowski (1868-1900)
Junge Frauen

Die Freundin schaut mich an und spricht:
"Verwandelt hat sich dein Gesicht!"
Die zweite spricht: "Ich fühl es schon,
du sprichst mit fremdgewordnem Ton."
Die dritte hebt betrübt mein Kinn:
Wo ist mein sonniger Bruder hin?"              *)
Die vierte geht zum Erker still,
als ob sie durchs Fenster sehen will.           *)
Ich weiß, sie fühlt's am tiefsten mit,
ich hör's am unhörbaren Schritt ...

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*) diese zwei Verszeilen stufen das Gedicht als Knittelverse ein!



Vier junge Frauen und ein Wankelmütiger
Nach einer Idee von Ludwig Jakobowski (vor 1900)

Vier junge Frauen sind zu mir wie Schwestern –
die in mir etwas wie den Bruder sehn;
doch scheint dies alles plötzlich wie von gestern,
und wird als Bund vielleicht nicht mehr bestehn.

Der einen scheint verwandelt meine Miene,
die andre findet fremd den Umgangston;
dass mein Gemüt der dritten sonnig schiene
und sorglos säh' die vierte vom Balkon!

Sie ist die stillste dieser jungen Frauen,
ist die, die wohl am tiefsten alles fühlt;
ihr ist nur nicht so leicht ins Herz zu schauen,
wie heftig es vielleicht grad aufgewühlt ...

Es könnte eben diese letzte sein,
die unserm Bund haucht neues Leben ein.

© elbwolf

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Das Gedicht ist als englisches Sonett geschrieben.

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