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Freitag, 5. Oktober 2018

Schreibt wieder Vagantenverse!

Ribton-Turner, C. J. (Charles James): Der Poet zwischen seinen beiden "Musen".
Aus dem Buch "A history of vagrants and vagrancy, and beggars and begging" (1887)
(©-Beschränkungen sind nicht bekannt)

Schreibt wieder Vagantenverse!
Mir schwebte vor ein klein Gedicht,       
das man noch schreiben müsste;            
nichts schmälerte der Muse Sicht,         
falls sie mich demnächst küsste.            

Ich schnupperte mal hier, mal dort,        
und drehte manche Runden;                  
es trieb mich um und weiter fort,             
glich einem Vagabunden.                        

Doch halt, war das nicht der Begriff,      
die Sache zu gestalten,                            
da gab es Strophen recht mit Pfiff,         
die in den Ohren hallten.                          

Wie hießen sie denn ganz genau …      
ja – Verse der Vaganten!                         
Vom Himmel holten die das Blau,          
die wahren Unbekannten.                        

Ihr "Gaudeamus igitur"                             
wies lebensfrohe Wege,                           
erschien bald als Verjüngungskur –       
falls man das Frohsein pflege.                

Wer fühlt in sich den Verseschmied,     
nutzt seine eignen Gaben?                     
Wer dichtet ein Vagantenlied,                 
wie wir's im Sinne haben?                       

© elbwolf, 14.09.2018
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Legende zu den Vagantenversen:

Vagantenverse hießen zunächst die 7-füßigen Langverse (Septenare) selbst, die aus "Anvers" und "Abvers" bestanden. Je zwei Septenare bildeten im Paar eine Vagantenstrophe. An- und Abvers jeder Verszeile wurden (1) mit deutlicher Sprech-Pause zusammengefügt ("Diärese" genannt; bezeichnet mit "||"); konnten (2) beide entweder trochäisch oder jambisch sein und hatten (3) als Reimpaar zunächst nur in den Abversen einen Endreim (symbolisch "b"):
troch.:  -u-u-u-|| b:-u-u-u            (3 vollst. +1 unvollst. || 3 vollst. = 7 Versfüße → 13 Silben)
jamb.:   u-u-u-u-|| b:u-u-u-u        (4 vollst. || 2 vollst. +1 übervollst. = 7 Versfüße → 15 Silben)


Später wurden die Langverse (4) an der Diärese-Stelle geteilt und zweizeilig angeschrieben; ihre Anvers-Zeilen konnten (5) ungereimt bleiben oder eigene Endreimung (symbolisch "a") bekommen. Im letzteren Fall (6) war der aus dem früheren Reimpaar entstandene Vierzeiler dann kreuzgereimt:
          trochäisch:        a: -u-u-u-||                     jambisch:          a: u-u-u-u-||      
                                   b: -u-u-u                                                  b: u-u-u-u         
                                   a: -u-u-u||                                                a: u-u-u-u-||      
                                   b: -u-u-u                                                  b: u-u-u-u          

Anm.:
Mit "||" wird allgemein eine "Di(h)ärese" bezeichnet, d. h. ein Einschnitt im Vers, an dem die Enden eines Wortes und des Versfußes zusammenfallen
.

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