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"Vogel
Selbsterkenntnis" im Tiroler Volkskunstmuseum (Innsbruck, ehem. Franziskanerkloster)
Foto &
©: Javier Carro, 26.08.2006; Quelle: wikimedia.commons; Liz.: CC BY-SA 3.0
Eines der berühmtesten aber
allegorisch rätselhaften Exponate (~ 17. Jh.) des Museums.
Der Vogel meint: "Habe Mut,
dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!" (Kant)
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"Herz-Schmerz"
(1) – zu oft verreimt …
(… eine unter vielen
Lyrik-Sünden!)
Was reimt sich eigentlich auf was?
Das regelt meistens ein Erlass,
gemäß dem reimt nur dies auf das!
Selbst wer schon war auf dem Parnass,
der reimt nicht einfach frisch vom Fass:
die Füße werden zu schnell nass!
Was ist ein abgedroschner Scherz?
Wenn einer trägt der Liebe "Schmerz"
als Weh der ganzen Welt im "Herz"!
Als wenn da einer trüg den Nerz
nicht hals-wärts, sondern unterm Sterz –
den Dreiklang macht die zweite Terz!
Was fängt sich sonst im Wörter-Sieb?
Was wär dir denn so gar nicht "lieb" –
wenn stets sich jemand um dich "trieb"?
Den setzest du schon aus Prinzip
schach-matt mit gut gezieltem Hieb
und hörtest nie mehr sein Gepiep!
Dir wird allmählich jetzt bewusst,
was hier zu lesen du gemusst,
empfändest du als starken "Frust",
der ziemlich dämpft der Sinne "Lust".
Ach sei ein bisschen mehr robust
und nimm zum Ausgleich was zur Brust!
Ein Reim ist immer gut und schlicht,
egal, wovon er zeugt und spricht.
Wie sehr auf ihn du auch erpicht –
du wahrst auf jeden Fall Gesicht,
machst du dir eins zur steten Pflicht:
vermeidest strikt den Pfui-Reim "nicht"!
© elbwolf (WH, Fassung
Juli/2017)
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Nachgehakt:
Der herausragende
Sprachpfleger J. V. Stummer (1910-81, Linz) warnt in seinem Standardwerk
"Vers – Reim – Strophe – Gedicht" vor dem Bilden schlechter Vollreime
und zählt auch die total "abgenützten Reime" dazu (S. 73), insbesondre
also ein Vorkommen solcher Reimwörter in Paarreimen – wie oben provokant bis nervtötend dargestellt.
Andererseits findet sich bei
Stummer (Diskussion der Sonett-Struktur, S. 121) die Aussage, dass dort
"die Reime nicht weiter als drei Zeilen voneinander entfernt sein"
sollten. Das ist zwar auf die beiden Sonett-Terzette gemünzt, aber doch ganz
offensichtlich ohne Abstriche verallgemeinerungsfähig! Hieraus ließe sich ein
Notnagel für die Doch-Noch-Herz-Schmerz-Reimung ableiten: wenn die Reime nur
weit genug voneinander entfernt stünden, würden sie kaum als aufeinander (direkt
bzw. unmittelbar) Bezug nehmend wahrgenommen.
Machen wir doch, geneigter Leser, gemeinsam die Probe
aufs Exempel:
Wenn
einer trägt der Liebe Schmerz
nicht
nur herum wie einen Scherz,
als
wenn er trüge einen Nerz
nicht
halswärts, sondern unterm Sterz –
der
fühlt das Weh der Welt im Herz.
Den
Dreiklang macht die zweite Terz.
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