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Donnerstag, 21. November 2019

Schillers "Göttinnen der 7 Künste"/ 7: Schauspielkunst

Joshua Reynolds (1723-92): David Garrick *) zwischen Tragödie und Komödie (1761)
Sammlung Waddesdon Manor; via wikimedia.commons; gemeinfrei.

Die Schutzgöttinnen der Künste sind in der griechischen Mythologie
die olympischen Musen: 9 an der Zahl, wie von Hesiod überliefert;
 dargestellt z. B. im Musen-Peristyl des Achilleion auf Korfu (~1890).
Betrachtern fällt auf, dass unter diesen neun die bildenden Künste fehlen,
 aber Astronomie, Geschichte sowie 4 literarische und 3 musikalische Gattungen
 vertreten sind! Auch Friedrich Schiller verließ das alte Muster und benennt in der
 "Huldigung der Künste" (1804) als "der Künste Schar des Schönen" die Göttinnen
 für Architektur, Skulptur, Malerei, Poesie, Musik, Tanz und Schauspielkunst.

  
Schillers "Göttinnen der 7 Künste"/7: Schauspielkunst

Die Schauspielkunst zeigt ihre zwei Gesichte:
aufs Tragische zurück das eine schaut;
das andre blickt nach vorn und auf zum Lichte,
weil es gewohnt auf den Erfolg vertraut.
Steht einer jedoch mitten im Gedränge –
wo findet er den Ausweg aus der Not?
Nur schwer zu meistern geht des Alltags Enge –
nicht jeder Tag beginnt mit Morgenrot.
Dass sich das Schicksal schließlich wieder wende,
wird manchmal wahr; bleibt manches Mal Legende.

Die Kunst bringt Ungewisses auf die Bühne,
bedient sich der Versuchung liebend gern:
das Abbild von Erfolg, von Schuld und Sühne
ist keinem menschlichen Akteur je fern.
Er lässt uns so die Szenen nacherleben
und mildert Freud wie Leid, sofern er kann;
allmählich dann erfasst auch uns Bestreben,
bringt endlich künftig Nützliches voran. –
Und seid ermahnt: an Wünschen nicht zu viele!
Bedenkt – es sind ja doch Theaterspiele …

© W. Herrmann, 20.11.2019
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Anmerkungen:
*) David Garrick (1717-79) war ein berühmter englischer Schauspieler des 18. Jh., des Zeitalters der Aufklärung. Er war sowohl als Komödiant als auch in ernsten Rollen besonders auf den Londoner Bühnen erfolgreich.
Reynolds Bild " David Garrick zwischen Tragödie und Komödie" wird in moderner Auslegung auch als "Der Mann zwischen Laster ("vice", li) und Tugend ("virtue", re) interpretiert.

Thalia ist die Muse der komischen Dichtung und der Unterhaltung. Später wurde Thalia allgemein als die Beschützerin aller Theaterspielstätten angesehen. Ihre Zeichen, mit denen sie dargestellt oder beschrieben wird, sind die komische Maske, der Efeukranz und der Krummstab des Schäfers, Sie gilt als ländliche Frau.
Melpomene ist die Muse der tragischen Dichtung und des Trauergesangs. Ihre Zeichen sind die tragische Maske in der einen und eine Keule in der anderen Hand, sowie ein Hauptkranz mit Weinlaub.

Inhalt und Metrik der entsprechenden Strophe bei Schiller lauten:
Schauspielkunst (mit einer Doppelmaske).
Ein Janusbild lass' ich vor dir erscheinen,                               u-u-u-u-u-u
Die Freude zeigt es hier und hier den Schmerz.                     u-u-u-u-u-
Die Menschheit wechselt zwischen Lust und Weinen,            u-u-u-u-u-u
Und mit dem Ernste gattet sich der Scherz.                            u-u-u-u-u-
Mit allen seinen Tiefen, seinen Höhen                                     u-u-u-u-u-u
Roll' ich das Leben ab vor deinem Blick.                                 u-u-u-u-u-
Wenn du das große Spiel der Welt gesehen,                          u-u-u-u-u-u
So kehrst du reicher in dich selbst zurück;                              u-u-u-u-u-
Denn, wer den Sinn aufs Ganze hält gerichtet,                       u-u-u-u-u-u
Dem ist der Streit in seiner Brust geschlichtet.                        u-u-u-u-u-u
Die Verse 5-8 zieren das Giebelfeld des Stadttheaters in Duisburg:

Stadttheater Duisburg, Giebelfeld mit Schillers Versen.
Foto + ©: Andreas Praefcke (2011); via wikimedia.commons. Liz.: CC BY 3.0
Der Verfasser dieses Versuchs ist sich sehr wohl bewusst, dass man zwar die Schiller'sche Metrik aus der "Huldigung der Künste" nachbilden kann, dass aber niemand Schillers Wortgewaltigkeit und die Tragweite seiner Worte erreichen könnte – und bittet daher um Nachsicht.
Aber nur noch für dieses Mal – denn die Serie ist hiermit zu Ende!

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